„Fair Play im Sport wirkt in den Alltag hinein“
Preisträger Andreas Wolff. - Foto: DOSB/picture-aliance/Arnold
26.04.2024 Verband

„Fair Play im Sport wirkt in den Alltag hinein“

DHB-Sportvorstand Kromer über den ausgezeichneten Torwart Wolff, Fair Play und das Prinzip Respekt

Axel Kromer im Interview. - Foto: DOSB/picture-aliance/Arnold

Respekt, Freundschaft und Solidarität vorleben – das sind Grundelemente des Sports und eigentlich auch darüber hinaus selbstverständlich. An diesem Donnerstag stand all dies mit Blick auf eine auch gesellschaftliche Strahlkraft besonders im Fokus, denn in Wiesbaden wurden die Fair Play Preise des Deutschen Sports vergeben. Stifter sind der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und der Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS). Für das Jahr 2023 wurde auch Andreas Wolff in der Kategorie „Sport“ geehrt. Der mit seinem Verein Kielce gerade in der Champions League geforderte Handball-Nationaltorwart konnte nicht persönlich bei den Biebricher Schlossgesprächen anwesend sein. Das übernahm Axel Kromer, Vorstand Sport des Deutschen Handballbundes – und hält nach der Veranstaltung ein weiteres Plädoyer für Fair Play.

Haben Sie die Szenen, die Andreas Wolff den Fair-Play-Preis einbrachten, noch in Erinnerung?
Kromer: Eigentlich habe ich diese beiden Szenen gar nicht so sehr präsent, da das ausgezeichnete Verhalten für Andreas Wolff sehr typisch ist. Er schützt die gegnerischen Angreifer davor, dass sie aufgrund der neuen Regel sanktioniert werden, falls sie ihn nur unabsichtlich im Gesicht oder am Kopf getroffen haben. Das kenne ich von ihm.

Was zeichnet Andreas Wolff neben seiner Klasse als Torwart aus?
Kromer: Andi lebt in verschiedensten Bereichen vor, was für ihn Werte sind. Ich erinnere mich an die Heim-EM im Januar, als wir in Berlin gegen die Franzosen verloren haben. Nach dem Spiel war Nikola Karabatic als bester Spieler geehrt worden, was viele Fans aus der Enttäuschung über die knappe Niederlage mit Pfiffen quittierten – Andi war komplett irritiert, hat das nicht nachvollziehen können und versucht, das Publikum um Respekt zu bitten. Das sind Sachen, für die er steht. Er ist einfach sehr geradlinig.

Welchen Wert hat solch ein Verhalten über das Spielfeld hinaus?
Kromer: Die Frage ist ja, warum wir so ein Fair Play in so einem Rahmen wie dem Biebricher Schlossgespräch in Wiesbaden öffentlich hervorheben müssen. Ich glaube, innerhalb des Sports ist das weniger notwendig als darüber hinaus, denn da brauchen wir die Vorbildwirkung.

„Mir persönlich ist es ein Anliegen, die Lanze zu brechen: Dass wir bei diesen Entscheidungen im Handball bei der Wahrheit bleiben. Ich habe schon viele Kollegen gesehen, die anfangen, theatralisch zu schauspielern, um diese zwei Minuten Zeitstrafe zu schinden. Ich möchte damit das Zeichen setzen, dass es bitte fair bleibt, dass die Regel nicht ausgenutzt wird, weil sie zum Schutz unserer Köpfe eingeführt worden ist.“

Andreas Wolff, Handball-Nationaltorwart

Also, warum ist es notwendig, das eigentlich Selbstverständliche so hervorzuheben?
Kromer: Wir haben so viele Sportbegeisterte – Menschen, die selbst Sport treiben oder einfach sportinteressiert sind, aber vielleicht in einem schwierigen sozialen Umfeld aufwachsen. Wenn die beispielsweise solche Aktionen wie von Andreas Wolff bei einer WM erleben, darüber nachdenken und diese als Maßstab für sich nehmen, dann wirkt das vielleicht auch in Alltagssituationen hinein. Und damit wäre vielen geholfen – sei es im Straßenverkehr, im privaten Umfeld oder auch im Kontakt mit ganz fremden Menschen. Solche Szenen öffnen vielleicht dem einen oder anderen die Augen, geben Orientierung und ändern Verhaltensweisen. Deshalb ist es schön und wichtig für unsere Gesellschaft, an solche Aktionen zu erinnern.

Wie ordnen Sie das Fair Play im Handball ein?
Kromer: Generell leben wir in unserer eigenen Handball-Agenda die Werte, die im Sport vermittelt werden. Aber auch wir können uns nach oben orientieren, zum Beispiel am Rugby, wo noch mehr Respekt und eine sehr beeindruckende Mentalität vorgelebt werden.

Worum geht es dabei?
Kromer: Es ist einfaches Prinzip des Respekts – der Spieler untereinander, aber natürlich der Spieler gegenüber den Schiedsrichtern, den Trainern und allen anderen Teammitgliedern. Das ist eine Sache, die einfach toll ist. Da können auch wir im Handball uns noch ein wenig weiter nach oben orientieren.

Wie viel Platz lässt Profisport generell für Fair Play?
Kromer: Fair Play muss immer einen Platz haben, denn der Gewinn ist riesig. Wer Fairness und die Werte des Sports unabhängig von Wettkampfergebnissen lebt, der findet sich auch in der Gesellschaft hervorragend zurecht. Das, glaube ich, ist auch ein Attribut, dass wir Sportlern zusprechen können: Menschen, die sich so im Sport durchsetzen, sind auch in sozialen Beziehungen, in Gruppen außerhalb des Sports und damit auch im Berufsleben erfolgreich. Sich sportlich durchzusetzen, mit den gleichen Werten zu agieren und auf dieser Basis anerkannt zu werden, tut dem Einzelnen und der Gesellschaft gut.

(Interview: Tim Oliver Kalle)