Schilha/Merz vor der WM: „Beweisen, dass wir das IHF-Badge zu Recht tragen“
15.07.2016 Schiedsrichter

Schilha/Merz vor der WM: „Beweisen, dass wir das IHF-Badge zu Recht tragen“

15.07.2016 · Slider, Home, Schiedsrichter · Von: BP

Schilha/Merz vor der WM: „Beweisen, dass wir das IHF-Badge zu Recht tragen“

Mit der Anreise am Samstag wartet die nächste große internationale Herausforderung auf Tanja Schilha (27) und ihre Schwester Maike (30), die nach ihrer Heirat mittlerweile Merz heißt. Die beiden einzigen deutschen Elite-Schiedsrichterinnen aus dem EHF- und IHF-Kader sind vom Weltverband für ihr erstes großes internationales Turnier nominiert worden. Für die beiden Schiedsrichterinnen vom Bodensee geht es in die slowakische Hauptstadt Bratislava, wo am Dienstag (19. Juli) die U18-WM der weiblichen Jugend startet.

Vor der Abreise äußern sich beide in diesem Interview zur Vorbereitung, die Vorfreude und ihre bisherige internationale Erfahrung.

Wie groß ist die Vorfreude auf das erste große Turnier?

Maike Merz: Die Vorfreude ist unheimlich groß! Genauso jedoch auch die Aufregung! Wir freuen uns wahnsinnig auf die neue Erfahrung und sind gespannt,was auf uns zukommt…

Gab es einen speziellen Vorbereitungsplan/Vorbereitungslehrgang von der IHF?

Tanja Schilha: Wir wurden über das so genannte Global Referee Training Program (GRTP) zu IHF-Schiedsrichtern ausgebildet. 2014 waren wir hierfür bei einem einwöchigen Intensiv-Kurs in St. Gallen, 2015 folgte dann der zweite Kurs in Skövde, bei dem wir bereits in den IHF-Kader aufgenommen wurden. Zudem reichen wir regelmäßig einen Fitnessreport bei der IHF ein. In diesem notieren wir unsere täglichen Trainingsleistungen, wodurch sich die IHF einen fortlaufenden Eindruck über unsere körperliche Leistungsfähigkeit verschaffen kann. Außerdem müssen darin auch die über eine Saison geleiteten Spiele sowie die theoretische Weiterbildung nachgewiesen werden.

Wie haben Sie sich individuell vorbereitet – eher mit Ausdauertraining, Regelkunde oder mental?

Maike Merz: Ausdauertraining spielt für uns das ganze Jahr über eine große Rolle, daher hat sich in der Vorbereitung auf die WM wenig am Trainings-Alltag geändert. Natürlich „probt“ man den abverlangten Fitness-Lauf (Shuttle Run) noch einmal explizit vor solch einem Turnier. Das dient aber in erster Linie dazu, die Nerven zu beruhigen.
Tanja Schilha: Ähnlich verhält es sich auch mit der Regelkunde. Ein Spieler übt ja auch vor einem Großevent nicht mehr das Ballfangen Dennoch haben wir uns zur Sicherheit auch hier noch einmal mit dem englischen Regelfragenkatalog befasst, sodass in der Slowakei nichts schief gehen kann.
Eine größere Rolle in der Vorbereitung auf ein Turnier spielen - soweit wir das schon beurteilen können - die speziellen Durchführungsbestimmungen, die auch schon einmal vom Liga-Alltag abweichen könnten.

Maike Merz:  In Summe fühlen wir uns super vorbereitet, nicht zuletzt weil wir vergangenes Wochenende noch am Elitekaderlehrgang des DHB teilnehmen konnten. Dort konnten wir uns zum Beispiel mit Lars Geipel und Marcus Helbig austauschen, für die es ja bald nach Rio geht.  Sie haben uns viele wertvolle Tipps mit auf den Weg gegeben und unsere Nervosität in Vorfreude umgewandelt.

Beim Turnier wird ja schon nach den neuen Regeln gepfiffen – sind Sie darauf gut vorbereitet, nachdem die Regeln auch ein Hauptthema bei besagtem DHB-Lehrgang waren?

Tanja Schilha: Neue Regeln sind zunächst für alle beteiligten Parteien eine große Herausforderung. Wir haben uns auf dem Lehrgang intensiv damit befasst und fühlen uns gut vorbereitet, diese auch in der Praxis umzusetzen.

Sie haben in den vergangenen Monaten viel Erfahrung mit Europapokalspielen sammeln können. Wie wichtig waren diese internationalen Einsätze?

Maike Merz: Jeder einzelne Einsatz bringt uns weiter! Gerade bei den internationalen Einsätzen kommt zu dem, was auf dem Spielfeld passiert, noch das gesamte „Drumherum“. Angefangen bei ungewohnten Tagesabläufen, fremden Hallen bis hin zu ungewohntem Essen. Das hört sich vielleicht im ersten Moment banal an. Wenn wir jedoch in der Bundesliga unterwegs sind, halten wir uns unglaublich an geregelte Abläufe. Wir haben Routine in dem, was wir tun. International muss man flexibel sein und sich auch mal anpassen. Das alles darf sich nicht auf die Leistung auf dem Spielfeld auswirken.

Tanja Schilha: Je mehr wir international eingesetzt werden, desto mehr stellt sich auch hier eine Art von Routine ein - und das „Drumherum“ lenkt uns weniger von dem ab, weshalb wir eigentlich unterwegs sind.

Wie war die Resonanz aus dem Bekannten- und Schiedsrichterkreis nach der Aufnahme in den IHF-Kader?

Tanja Schilha:  Viele unserer Kollegen aus dem Elitekader haben uns bereits auf dem Heimweg aus Skövde per WhatsApp gratuliert! Das war wirklich toll. Unsere Familie war natürlich unheimlich stolz. Wir haben ein richtiges Empfangskomitee bekommen mit einem Kuchen verziert mit IHF-Fähnchen.
Maike Merz:  Ein Schiedsrichter kann selten mal etwas feiern! Umso schöner war es für uns, dass dieser Aufstieg in unserem Umfeld so geschätzt wurde. Dennoch waren wir uns zu jeder Zeit darüber bewusst, durch die Nominierung alleine noch nichts erreicht zu haben. Die Aufgaben stehen uns jetzt erst bevor. Nun gilt es zu beweisen, dass wir die IHF-Batch zu Recht tragen.

Haben Sie durch die internationale Tätigkeit auch ein anderes standing bei nationalen Wettbewerben?

Maike Merz:   Das ist ganz unterschiedlich. Die einen Vereine beschäftigen sich mehr damit, was außerhalb der Bundesliga passiert, andere gar nicht. Ein Nachteil ist es aber sicherlich nicht für uns.

Tanja Schilha:  Eine tolle Erfahrung war beispielsweise, als wir vergangene Saison bei einem 2. Liga-Männerspiel im Hallenheft explizit als IHF-Schiedsrichterinnen angekündigt wurden und auch der Hallensprecher vor Ort mehrfach betont hat, dass der DHB für die heutige Partie ein international aktives Gespann nominiert hat. Für gewöhnlich liegt der Fokus gerade bei den Männerspielen aufgrund unserer „Seltenheit“ meistens eher auf dem Geschlecht.

Wie wichtig war und ist die permanente Begleitung durch den DHB und seine Schiedsrichtergremien?

Tanja Schilha:  Nicht in Worte zu fassen! Wir können uns zu 100 Prozent auf das Schiedsrichterwesen im DHB verlassen und fühlen uns unglaublich gut aufgehoben.
Maike Merz:   Die Schiedsrichterarbeit in Deutschland ist hervorragend, und so war unsere Aufregung vor internationalen Einsätzen bisher immer unbegründet.

Auf was freuen Sie sich beim Turnier in der Slowakei am meisten?

Tanja Schilha:  Dass es jetzt endlich losgeht!

Maike Merz:  So genau lässt sich das nicht definieren. Die Eindrücke, die man bei internationalen Einsätzen sammelt, sind extrem vielseitig. Zum einen freuen wir uns daher natürlich auf jedes einzelne Spiel, das wir leiten dürfen, genauso aber auch auf die verschiedenen Nationalhymnen, die vor den Spielen ertönen, den Austausch mit Kollegen aus der ganzen Welt - das hatten wir bisher wirklich noch nie - aber auch die vielen Momente zwischen den Spielen. Bei den vergangenen internationalen Maßnahmen an denen wir teilgenommen haben, sind immer tolle Freundschaften entstanden!

In eineinhalb Jahren ist die Frauen-WM in Deutschland. Ist diese Einladung durch die IHF zur U18-WM ein erster Fingerzeig?

Maike Merz:  Bisher waren wir immer gut beraten, uns auf das zu konzentrieren, was wir aktiv beeinflussen können. Wichtig ist daher, dass wir in der Slowakei beweisen können, dass wir das IHF-Badge mit Recht tragen. Alles andere liegt dann nicht in unseren Händen, weshalb es sich für uns auch nicht lohnt darüber nachzudenken!