Baur zur U21-WM: „Wir müssen nicht alles in Frage stellen”
29.07.2013 U21 männlich

Baur zur U21-WM: „Wir müssen nicht alles in Frage stellen”

29.07.2013 · Home, Nationalteams, Junioren Nationalteam · Von: tok

Baur zur U21-WM: „Wir müssen nicht alles in Frage stellen”

Als in Sarajevo die letzten Entscheidungen der U21-Weltmeisterschaft fielen, waren die Junioren des Deutschen Handballbundes bereits auf dem Heimweg. Schweden sicherte sich am Sonntag im Finale mit 28:23 (12:10) gegen U20-Europameister Spanien den Tiel, Frankreich gewann mit 32:27 gegen Kroatien die Bronzemedaille. An Frankreich war die deutsche Mannschaft am vergangenen Montag bereits im Achtelfinale mit 20:21 gescheitert. Für die Spieler der Jahrgänge 1992/93 ein schmerzhaftes Ergebnis, denn sie sind nach der Generation 1982/83 die ersten, die ohne Medaille aus den DHB-Nachwuchsmannschaften gehen. Trainer Markus Baur, der das Team gemeinsam mit Axel Kromer im vergangenen Jahr übernahm, bilanziert das Turnier in Bosnien-Herzegowina.

Welche Erkenntnisse haben Sie von der U21-WM 2013 mitgenommen?
Baur: Wir haben inzwischen sehr viele Nationen auf gleicher Augenhöhe. Ab dem Achtelfinale hat es verdammt viele ganz enge Spiele gegeben. Von Platz fünf bis 16 haben wir ein fast identisches Niveau. Vermeintlich schwächere Nationen haben extrem aufgeholt und den Abstand zu den Besten deutlich verringert.

Das mussten auch vermeintliche Favoriten erfahren...
Baur: Tja, Dänemark hätte sicherlich nicht damit gerechnet, gegen die Schweiz zu scheitern. Und die Niederlande und Brasilien sind für mich auf Platz fünf und sechs die Überraschungen der WM. Gerade Brasilien ist sehr interessant - die haben im Rückraum vor allem auf jüngere Spieler des Jahrgangs 1994 vertraut. Ich bin sehr gespannt, wie die sich in zwei Jahren präsentieren werden.

Haben Sie weitere Beispiele für die neue Dichte?
Baur: Russland war in der Vorrunde punktgleich mit Frankreich, ist aber aufgrund des verlorenen direkten Vergleiches ausgeschieden und nur Siebzehnter geworden - Frankreich hat letztlich die Bronzemedaille gewonnen.

Frankreich ist ein zentraler Aspekt, wenn Sie aus deutscher Sicht das Turnier bilanzieren.
Baur: Natürlich hat das Achtelfinale gegen Frankreich alles Weitere beeinflusst. Wir haben nur 20 Tore erzielt und extrem viele freie Bälle verworfen - das kann man in so in einem wichtigen Spiel nicht wegstecken. Den Jungs kann man das aber nur bedingt vorwerfen. Und wegen einer Niederlage müssen wir nicht alles in Frage stellen, denn unsere Mannschaft hat über weite Strecken gut gespielt und sich Möglichkeiten erarbeitet.

Was war in der Gesamtbilanz gut, was war schlecht?
Baur: Unsere Abwehr war schon stark, da haben wir richtig gut gearbeitet. Im Angriff haben wir indes relativ wenige Tore erzielt. Wenn wir einen Gegner im Griff hatten, haben wir es wie in der Vorrunde gegen die Niederlande zudem nicht geschafft, den Sack zuzumachen. Aber die Spiele nach Frankreich sind anders zu bewerten - das war mit der Enttäuschung der Achtelfinal-Niederlage schon schwer, denn die meisten Spieler haben so etwas schon vier Mal durchgemacht. Da muss ich der Truppe ein Kompliment machen: Auch gegen Ungarn hat die Mannschaft gezeigt, dass es für sie wichtig war, noch ein emotional gutes Spiel zu zeigen.

Wie geht der Weg dieser Spieler jetzt weiter?
Baur: Einige wie Julius Kühn sind noch ein Jahr in der Sportförderkompanie. Ich hoffe sehr, dass sie in ihren Vereinen Vertrauen und Spielanteile bekommen. Einige Jungs haben wirklich Potenzial, sie könnten eine weitere Chance in der B- oder sogar A-Nationalmannschaft erhalten - aber sie dürfen sich nur nicht so gehen lassen wie in den Spielen nach Frankreich. Sonst wird ihr Weg nur über den Verein weitergehen.

Die Jahrgänge 1992/93 sind die ersten nach den Junioren 1982/83, die ohne EM- oder WM-Medaille geblieben sind...
Baur: Das ist für die Jungs schade, aber nicht das alles Entscheidende. Wer sich die Junioren der Jahrgänge 1982/83 anschaut, findet einige spätere Weltmeister, zum Beispiel Johannes Bitter, Dominik Klein, Michael Kraus, Lars Kaufmann und so weiter.

Jonas Maier und Simon Ernst werden als Talente des Jahrgangs 1994 auch in der neuen Junioren-Nationalmannschaft spielen können. Wie haben sich die beiden Jüngsten bei der U21-WM geschlagen?
Baur: Beide haben sich bewährt und viele Spielanteile bekommen. Aus meiner Sicht hat es sich gelohnt, dass sie bereits bei den Junioren gespielt haben. Jonas und Simon haben sich sehr gut präsentiert und positive Signale gesetzt.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus Ihrem ersten Turnier für die Arbeit mit der künftigen Junioren-Nationalmannschaft?
Baur: Wir haben in Sarajevo mit der Analyse begonnen, sind damit aber natürlich noch nicht am Ende. Das wird noch Zeit brauchen. Klar ist, dass wir noch nicht genutztes Potenzial im Angriff und Tempospiel besitzen. Im Moment kann ich nur festhalten, dass wir in Bosnien-Herzegowina ein gutes Team gehabt haben - dazu zählen unsere Physios Marc Friebe und Bernd Götzenberger, Mannschaftsarzt Volker Broy, der mit der akuten Blinddarmentzündung von Ramon Tauabo mehr Arbeit hatte, als ihm lieb sein konnte, und Dr. Jan Pabst für Videoanalyse und sportwissenschaftliche Begleitung. Auch Axel und ich haben uns gut ergänzt - und wir alle werden uns weiterentwickeln.