„An der Weltklasse angeklopft“ – die EM-Bilanz von Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld
17.12.2016 A-Nationalmannschaft Frauen

„An der Weltklasse angeklopft“ – die EM-Bilanz von Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld

17.12.2016 · Slider, Home, WM 2017 Frauen, Nationalteams, Frauen Nationalteam · Von: bp

„An der Weltklasse angeklopft“ – die EM-Bilanz von Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld

Wolfgang Sommerfeld ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts Heim-WM 2017 der DHB-Frauen. Er war entscheidend an der Verpflichtung von Michael Biegler als Bundestrainer beteiligt, er ist bei jedem Lehrgang und Spiel immer an Bieglers Seite.

Nach dem sechsten Platz bei der EURO 2016 genau ein Jahr vor der Heim-Weltmeisterschaft zieht der DHB-Sportdirektor eine sehr positive Bilanz, weiß aber auch genau, woran man in den kommenden zwölf Monaten noch arbeiten muss.

 

Wolfgang Sommerfeld über:

… die Vorrunde:

„Der Auftakt gegen die Niederlande war sehr gut, vor allem, weil wir kaum Infos zum Gegner hatten, der sich im Geheimen vorbereitete. Gegen Frankreich haben wir zu verkrampft gespielt. Das Spiel zeigte deutlich, wo wir noch zulegen müssen: im Kraftpotenzial, gerade in Eins-gegen-Eins-Situationen. Gegen Polen waren die Ladies erstmals Favorit, und mit dieser Rolle hatten sie ein Problem, wie das Endergebnis zeigt. Verlieren wir, fahren wir angesichts des Resultats der Partie Niederlande – Frankreich nach Hause. Aber die Spielerinnen haben in der Schlussphase ihren tollen Kampfgeist an den Tag gelegt."

… die Hauptrunde:

„Man hat ganz klar gesehen, dass die Mannschaften, die aus Kristianstad kamen, deutlich stärker waren, als jene aus Gruppe B. Gleich zum Auftakt zeigt die Mannschaft mit dem Sieg gegen Serbien ihr bestes Turnierspiel. Wir spielen 60 Minuten sehr konstant, der Gegner hat nie eine Chance. Gegen Spanien waren wir in derselben Rolle wie gegen Polen. Wieder waren wir favorisiert, wieder waren wir zu verkrampft, obwohl wir meist die bessere Mannschaft waren. Auch dieses Spiel zeigte, woran wir in Zukunft arbeiten müssen: am Wurfverhalten, an den Eins-gegen-Eins-Situationen und das wir das Verhalten der gegnerischen Torfrau besser antizipieren. Und genau dieser Punkt gegen Spanien fehlte am Ende, um aus eigener Kraft ins Halbfinale einziehen zu können. Und zum Abschluss haben wir trotz der tollen Kulisse eine weitere sehr souveräne Leistung gegen Schweden abgeliefert."

… das Gesamtfazit:

„Von Enttäuschung über den verpassten Halbfinaleinzug kann überhaupt keine Rede sein. Wir spielten um den fünften Platz – wenn uns das jemand beim Turnierstart gesagt hätte, den hätten wir für wahnsinnig erklärt. Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft, denn das war unser vorrangiges Ziel bei der EM in Schweden. Wir haben in Schweden an der Weltklasse angeklopft und brauchen uns nicht zu verstecken. Das Zusatzspiel gegen Rumänien hatte sich die Mannschaft absolut verdient.

Die vier Mannschaften, die ins Halbfinale eingezogen waren, sind einfach reifer und erfahrener als wir, und haben sich das Halbfinale auch absolut verdient. Das sind wir nicht neidisch, im Gegenteil, das ist unser Ansporn für unser Projekt 2017. Wir sind mit einer klaren Aufgabenorientierung hierhin gekommen, die schloss im Ende aber nicht aus, dass wir auch gute Ergebnisse einfahren.

Aber wir durften jetzt eben nicht nur auf Ergebnisse schauen, schließlich wissen wir jetzt noch nicht, welche Testspielgegner wir haben werden. Und deswegen mussten wir diese Pflichtspiele dazu nutzen, die Entwicklung voranzutreiben. Die Mannschaft hat nie aufgegeben und hat sich wie gesagt genau in die richtige Richtung entwickelt. Spielerisch waren wir eine der stärksten Mannschaften, zudem ist unsere Abwehr schon internationaler Standard, gleiches gilt für unser Torwart-Trio. Und mit Shenia Minevskaja und Xenia Smits, die verletzt fehlten, werden wir in der Defensive noch mehr Stabilität haben."

… den Ausblick:

„Erst einmal müssen wir das Potenzial noch weiter ausschöpfen. Es geht in jedem Training, in jedem Spiel darum, besser zu sein, wenn es zählt. Es müssen noch mehr Kompetenzen aufgebaut werden. Auf keinen Fall darf irgendeine Zufriedenheit aufkommen."

… die konkreten Aufgaben:

„Wir müssen im Kraftpotenzial zulegen, auch wenn die generelle Athletik schon stimmt. Das hat die Mannschaft gerade immer in den letzten zehn Minuten gezeigt, da waren wir meistens besser als der Gegner. Vor allem müssen wir uns in Eins-gegen-Eins-Situationen und im Durchsetzungsvermögen steigern. Daneben müssen wir an der Chancenverwertung und den Wurfvarianten arbeiten. Ein Beispiel: Bei Topmannschaften sind 90 Prozent der Aufsetzer ein Tor, bei uns sind es zehn Prozent. Daher liegt der Schwerpunkt auf der individuellen Förderung. Ein weiterer Punkt ist die mentale Vorbereitung. Wir müssen uns der eigenen Stärken noch bewusster werden. Die Mannschaften, die schon einmal in einem Halbfinale bei WM, EM oder Olympia standen, haben diesen X-Faktor und kommen danach auch einfacher zu weiteren Erfolgen."

… die Umsetzung bis zur WM 2017:

„Nach der Evaluierung der EM werden wir gezielte Trainingsschwerpunkte setzen. Das Wichtigste ist, das Michael Biegler mehr Zugriff auf die Spielerinnen braucht. Deswegen werden wir regionale Lehrgänge einführen, wo Spielerinnen zum Beispiel aus Metzingen und Bietigheim für zwei, drei Tage außerhalb der Nationalmannschaftswochen gemeinsam unter Biegler trainieren werden. Ein anderer Standort wird Dortmund sein, zudem wird es einen im Osten geben. Wir haben mit den Vereinen bereits gesprochen, dass wir mehr Unterstützung erhalten, denn gerade in diesem Punkt geht es um eine generelle und nachhaltige Struktur für die Zukunft."