Drittliga-Review #3: Zwei Siebenmeter-Helden und ein unfassbares Comeback
12.09.2017 3. Liga

Drittliga-Review #3: Zwei Siebenmeter-Helden und ein unfassbares Comeback

12.09.2017 · 3. Liga, Männer 3. Liga · Von: cb/pm vereine

Drittliga-Review #3: Zwei Siebenmeter-Helden und ein unfassbares Comeback

Handballherz, was willst Du mehr? Am vergangen Spieltag lagen Siege und Niederlagen unglaublich dicht beieinander. Zweimal entschied der finale Wurf über den Ausgang des Spiels. So wie in Flensburg und in Nußloch. Im Süden versetzte ein Aufsteiger seine Fans mit einem unglaublichen Comeback in Verzückung, in Bruchköbel wurde Drittliga-Geschichte geschrieben, im Westen hörte man in Menden Felsbrocken poltern und im Norden hatte wohl niemand den derzeitigen Tabellenführer auf der Rechnung.

Staffel Nord:

Ein Sieg und ein Unentschieden an den ersten beiden Spieltag spülten drei Punkte auf das Konto des MTV Braunschweig. Nun reiste mit dem 1. VfL Potsdam auch noch ein vom Tabellenbild her schlagbarer Gegner in die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. Die Aussicht auf die Tabellenführung lockte knapp über 1000 Zuschauer in die Handballfestung Alte Waage. Und die sollten ihr Kommen nicht bereuen. Zwar wehrte sich Potsdam, angeführt vom zwölffachen Torschützen Yannik Münchberger, nach Kräften. Doch die Kulisse trug den MTV um Trainer, und den „Erfinder der Schnellen Mitte“, Volker Mudrow auch über kritische Phasen hinweg. So überstand der MTV auch eine zwischenzeitliche dreifache Unterzahl und erkämpfte sich nach dem 27:27-Ausgleich noch den 31:28-Sieg und die Tabellenführung.

Rund 350 Kilometer nördlich ging es noch heißer zu. Der DHK Flensborg und die Jungrecken von der TSV Burgdorf lieferten sich einen Kampf bis zum Schluss. Und der sollte mit der Schlusssirene noch nicht vorbei sein. Was war passiert? Beim Spielstand von 26:26 hatten die Gastgeber noch die Möglichkeit, den entscheidenden Treffer zu setzen. Doch die Recken stoppten den Angriff auf Kosten eines Strafwurfes. Jannes Timm trat gegen Joans Wilde an. Timm verwandelte auch nervenstark. Der Sieg war das aber nicht, denn der Ball schlug erst nach dem Signal im Netz ein. Der Strafwurf wurde wiederholt und dieses Mal rettete Wilde mit dem linken Fuß seinem Team den Punkt. Den Braten, dass Timm die Ecke wechseln würde, hatte Wilde gerochen.

Staffel Ost:

Zum Auftakt schnupperte die SG Bruchköbel bereits an dem ersten Drittliga-Erfolg. Doch im Aufsteigerduell mit dem HC Erlangen II verhinderte Maximilian Lux 13 Sekunden vor Schluss den ersten Sieg. Am zweiten Spieltag musste Bruchköbel knapp mit 27:28 die Waffen strecken. Doch alle guten Dinge sind bekanntlich drei: Und gegen den TV Germania Großsachsen war es endlich soweit. Eine Sechs-Tore-Führung acht Minuten vor Schluss ließ sich Bruchköbel nicht mehr nehmen. Am Ende leuchtete ein 23:20-Erfolg von der Anzeigentafel. „Erster Sieg in der 3. Liga!!! Mehr gibt es nicht zu sagen!“, postete die SG auf ihrer Facebook-Seite.

Im Keller war die Stimmung bei der HSG Hanau und der HSG Rodgau Nieder-Roden. Die selbsternannten Baggerseepiraten enttäuschten vor 450 Zuschauern auf der ganzen Linie und verloren ihr Heimspiel gegen den Northeimer HC. „Glückwunsch nach Northeim und vor allem Entschuldigung an unsere Fans. Das war gar nix, so darf man sich nicht präsentieren und das werden wir im Laufe der Woche auch deutlich besprechen“, meinte ein sichtlich angefressener HSG-Trainer Jan Redmann.

Bei der HSG Hanau trauerte man nicht nur den beim SV Anhalt Bernburg verlorenen Punkten hinterher. Neben der 27:30-Niederlage verletzte sich zu allem Überfluss noch Regisseur und Spielmacher Philipp Reuter am Knie. Eine genaue Diagnose steht noch aus. Ein langfristiger Ausfall wäre ziemlich bitter. Schließlich hatte Reuter an den ersten beiden Spieltagen 21 Mal getroffen und führte die Torjägerliste an.

Staffel West:

Der TV Korschenbroich hatte vor der Saison seinen Kader beinahe einmal komplett umgekrempelt. Leistungsträger gingen en masse, und die Verantwortlichen um Manager Kai Faltin setzten auf die Karte Jugend. An den ersten beiden Spieltagen ging die Rechnung noch nicht auf. Dem 27:27-Unentschieden zum Auftakt beim Aufsteiger ATSV Habenhausen folgte eine 33:35-Heimniederlage gegen den letztjährigen beinahe-Absteiger TuS Volmetal. Nun ging es zur SG Menden. Die Sauerländer hatten ihrerseits schon ein Erfolgserlebnis (29:27 gegen Handball Lemgo II) gefeiert und das Duell Sauerland gegen Siegerland deutlich beim Aufstiegsanwärter TuS Ferndorf 23:39 verloren. Das selbsternannte hand.ball.herz-Team vom Niederrhein verteidigte in Menden mit allem was es hatte, die knappe 21:20-Führung. Und zwar fünf Minuten lang! „Das haben wir selbst verschuldet. Wir hatten alle Möglichkeiten, dieses Spiel zu gewinnen. Leider haben wir zu viele gute Chancen verdaddelt – das mussten wir nicht verlieren“, sagte Mendens Trainer Sascha Simec gegenüber der Westfalenpost. Auf TVK-Seite avancierten Keeper Max Jaeger und der achtfache Torschütze Julian Mumme zu den Matchwinnern. Von der jungen TVK-Mannschaft fiel eine riesige Last ab. „Ich bin unglaublich stolz auf diese Mannschaft“, sagte Korschenbroichs dänischer Trainer Ronny Rogawska.

Staffel Süd:

Auch im Süden ging es an zwei Schauplätzen dramatisch zu. Tatort Kaiserslautern: Normalerweise ist die pfälzische Stadt für sein Fußballfieber bekannt. Doch am Betzenberg reißen die dort kickenden Roten Teufel schon seit einigen Jahren ihre Fans nicht mehr aus den Sitzschalen. Dafür aber der Aufsteiger TuS 04 Dansenberg. Der schickte seine Fans durch ein Wechselbad der Gefühle. Gegen die Panther vom TuS Fürstenfeldbruck hätte wohl kein Dansenberger mehr auf das Team um Coach Marco Sliwa gewettet. Auch wenn der über die erste Halbzeit sagte: „Wir waren keine sieben Tore schlechter.“ Die Gastgeber gingen also mit einer großen Hypothek in den zweiten Durchgang. Zudem hatte bereits in der 14. Minute Luca Meinzinger die Rote Karte gesehen, Jan Claussen musste ebenfalls in der 48. Minute nach drei Zeitstrafen zuschauen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Gastgeber, angetrieben vom frenetischen Publikum – unter anderem auf der vor dieser Saison eingeweihten Stehplatztribüne – den 13:21-Rückstand entscheidend verkürzt. Auch weil Theodor Megalooiknomou (11/6) von der Siebenmeter-Marke fast wie ein Uhrwerk traf. Über 28:27 setzte sich „Dooseberch“ in Überzahl (Zeitstrafe Johannes Stumpf) vor 500 Zuschauern noch ab.

Dramatisch wurde es auch in Nußloch. Der HC Oppenweiler/Backnang reiste als krasser Außenseiter zum amtierenden Süddeutschen Meister. Bei dem wollte man „mit guter Mentalität und Kampfkraft“ auftreten. Das zumindest ließ HCOB-Coach Matthias Heineke im Vorfeld verlautbaren. Nicht ganz uneigennützig wollte man bei den Gastgebern vor dem Nußlocher Stadtfest „Kerwe“ die Feierstimmung ein wenig trüben. Und ein HC-Akteur sollte entscheidend dazu beitragen: Florian Schöbinger, der durch die Spielleitende Stelle wieder spielberechtigt erklärt wurde. Und er sollte beim Punktgewinn eine ganz wichtige Rolle einnehmen. Tatsächlich hielt der Underdog die Partie bis in die Schlusssekunden hinein offen. Nach dem 30:30-Ausgleich, den Kevin Wolff besorgt hatte, fing Florian Schöbinger den letzten Nußlocher Angriff ab und bediente seinen Bruder Philipp, der nur durch ein Foul zu stoppen war. Den fälligen Strafwurf entschärfte jedoch Nußlochs Keeper Kevin Bitz reaktionsschnell. Trotzdem hieß es nach dem ersten Zähler der Saison im Lager der Gäste: „Ein Anfang ist gemacht.“ HCOB-Trainer Heineke: „Es war sehr wichtig, nach dieser guten Leistung auch Zählbares aus diesem Spiel mitzunehmen. Die Mannschaft hat heute unheimlich hart für den Erfolg gekämpft und zu keiner Zeit nachgelassen. Für die Moral ist dieses Spiel weit mehr wert als dieser eine Punkt.“