Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 3: Die Stille nach dem Schluss
02.02.2018 Der DHB

Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 3: Die Stille nach dem Schluss

02.02.2018 · Slider, Home, Verband · Von: ee

Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 3: Die Stille nach dem Schluss

Vor 40 Jahren gewann eine DHB-Auswahl das erste Mal die Weltmeisterschaft – der sensationelle 20:19-Sieg gegen die Sowjetunion am 5. Februar 1978 war ein Erweckungserlebnis für den westdeutschen Hallenhandball. Autor Erik Eggers blickt in einer Serie auf dieses „Wunder von Kopenhagen“ zurück. 

Der letzte Freiwurf blieb hängen in der deutschen Mauer. Prallte ab von Heiner Brand. Schlusspfiff. Und dann begann sie am Abend des 2. Februar 1978: die Zeit des bangen Wartens. Niemand wusste, was dieses 17:17 (8:6)-Remis gegen Rekordweltmeister Rumänien wert war. Wofür die 4:2-Punkte in der WM-Hauptrunde, welche die DHB-Auswahl nun erkämpft hatten, reichen würden. Fürs kleine Finale? Oder zogen sie ins Endspiel ein?

Die Sekunden in Helsingör zogen sich. Sie kamen Kurt Klühspies, Manfred Hofmann & Co. vor wie eine Ewigkeit. Dann, in die quälende Stille hinein, verkündete der Hallensprecher endlich die Ergebnisse aus den anderen Hallen. Kalundborg: DDR-Jugoslawien 16:16! Spielwart Heinz Jacobsen realisierte es als Erster: Das war das Finale! Die Spieler fielen sich entrückt in die Arme.

Die DHB-Auswahl hatte unter Vlado Stenzel gegen den Angstgegner Rumänien in acht Begegnungen nie gewinnen können. Zudem war das Kraftzentrum des deutschen Spiels schwer angeschlagen: Joachim Deckarm hatte sich, wie auch Arnulf Meffle, eine Grippe eingefangen. Und doch überrollten die Deutschen, das Finale dicht vor Augen, den Titelverteidiger förmlich. Die 5:1-Deckung stand fantastisch, Hofmann hielt viele Bälle. Als Schatten des Rückraumstars Birtalan zeigte Arnulf Meffle erneut seine Qualitäten als Manndecker. Beim Stand von 7:2 (17. Minute) schien eine Vorentscheidung gefallen.

Aber als Rumäniens Torwart-Routinier Cornel Penu kam, gab es plötzlich einen Bruch. Penu hielt gleich den ersten Ball den jungen Manfred Freisler. Obwohl Deckarm nun auch im Angriff auftauchte, verkürzten die Rumänen kontinuierlich. Als die Rumänen nach der Pause durch drei Treffer in Serie auf 9:9 stellten, war es Deckarm, der mit zwei fantastischen Aktionen wieder Ruhe in die deutschen Reihen brachte. „Kämpfen jetzt“, brüllte Kapitän Spengler, und sie kämpften.

Als der Deckarm per Sprungwurf auf 14:12 erhöhte und dann Spengler fantastisch bediente, schienen mit dem 15:12 (53.) erneut die Weichen auf Sieg gestellt. Doch die folgende Zeitstrafe gegen Meffle und den Siebenmeter nutzten die cleveren Gegner eiskalt aus. Nun zeigte die DHB-Auswahl, das Ziel dicht vor Augen, Nerven. „Solche Schlachten sind nicht zu überbieten“, keuchte Torwart Hofmann nach Abpfiff. Als die Referees in den letzten Sekunden gegen Spengler auf Stürmerfoul entschieden, bekamen die Rumänen noch einen Angriff. Aber Brand stand nun im Wege.

Fast hätte das Warten kein Happy End genommen. Denn die DDR-Auswahl war beim Stand von 16:16, als noch 20 Sekunden auf der Uhr standen, noch einmal in Ballbesitz gekommen. Cheftrainer Paul Tiedemann aber stoppte den Tempogegenstoß, zu dem Hartmut Krüger startete. „Warte, ruhig, nicht passen“, brüllte Tiedemann auf das Spielfeld, erinnert sich Co-Trainer Klaus Langhoff. „Wir spielten lieber sicher um Platz Drei als abzurutschen.“ Diese Anweisung Tiedemanns verhalf dem Westen – eine interessante Pointe im Klassenkampf – zum Finale gegen die Sowjetunion.