Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 5: Warum die WM 1978 zu einem Mythos wuchs
06.02.2018 Der DHB

Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 5: Warum die WM 1978 zu einem Mythos wuchs

06.02.2018 · Slider, Home, Verband · Von: EE

Mottowoche zum WM-Titel 1978, Folge 5: Warum die WM 1978 zu einem Mythos wuchs

Vor 40 Jahren gewann eine DHB-Auswahl das erste Mal die Weltmeisterschaft – der sensationelle 20:19-Sieg gegen die Sowjetunion am 5. Februar 1978 war ein Erweckungserlebnis für den westdeutschen Hallenhandball. Autor Erik Eggers blickt in einer Serie auf dieses „Wunder von Kopenhagen“ zurück. 

Ein offizielles Bankett beim Sponsor Tuborg beschloss die WM 1978 in Dänemark. Dort bejubelte die Mannschaft einen komischen Tango, den Erhard Wunderlich, mit 2,04 Metern der Goliath des Teams, mit Gerd Rosendahl aufs Parkett zauberte. Es waren schöne, intime Momente für die Spieler, da sie unter sich waren. Noch wurden solche Triumphe nicht in allen Winkeln medial ausgeleuchtet.

Nach dem Bankett ging es mit dem Mannschaftsbus des VfL Gummersbach zurück in die Heimat. Um 3.19 Uhr betraten die Weltmeister auf der Insel Fehmarn, in Puttgarden, wieder deutschen Boden. Eine Blaskapelle erwartete sie in einem eisigen Nordostwind, dazu rund 500 Fans. Brand, Deckarm und Co. schrieben fleißig Autogramme auf Hände und Arme und Hemdkragen.

Ein offizieller Empfang? War nicht geplant. So fuhr der Bus zunächst zum Hamburger Hauptbahnhof und entließ Arno Ehret und Arnulf Meffle, die in Süden mussten, in die Bundesbahn. Die nächste Station: eine Autobahnraststätte nahe Osnabrück. Hier wurden die Dankerser Jimmy Waltke und Rainer Niemeyer von ihren Ehefrauen abgeholt. Die Gummersbacher und Kapitän Horst Spengler fuhren weiter ins Oberbergische, wo die Fans die neuen Weltmeister inmitten des Rosenmontagstrubels hochleben ließen.

Doch bald begann wieder der Alltag: Spengler trat sein Referendariat an, Claus Hormel fuhr zu seiner Polizeidienststelle, Meffle studierte in Freiburg. Offizielle Ehrung erfolgten erst Wochen später. Im Frankfurter Römer verlieh der DHB den neuen Weltmeistern die goldene Ehrennadel. Am Ende des Jahres wurden sie als erste Handballmannschaft zur „Mannschaft des Jahres“ gewählt. „Es hat sich für uns nach der WM aber eigentlich nicht viel verändert“, erinnert sich Brand.

Warum aber wuchs dann dieser Titel zu dieser großen Erzählung? Weil, einerseits, nach 1984 der DHB in eine sportliche Krise taumelte. „Der Mythos von 1978 wuchs mit jeder WM, mit jeder EM, mit jeder Olympiateilnahme, bei denen die Wiederholung des Erfolgs von damals versagt blieb“, so Brand. Andererseits war die sporthistorische Leistung ja unbestritten. „Wir, die freie Welt, haben den Kommunismus geschlagen. Und das als Hobbyhandballer“, sagt der Geschichtslehrer Waltke. Und dabei spielten finanzielle Anreize keinerlei Rolle. „Geld war nie unser Antrieb.“

Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass viele der Weltmeister immer ihrer Heimat verhaftet blieben, Deckarm und Brand spielten immer in Gummersbach, Hofmann und Klühspies verkörperten den TV Großwallstadt, Spengler blieb dem TV Hüttenberg treu. Die Fans identifizierten sich mit diesen volksnahen Typen, die nach Spielen auch gern ein Bier mit ihnen tranken.

Selbstverständlich schweißte sie auch das Schicksal zusammen. „Dass das WM-Team 1978 sich heute noch so ausgezeichnet versteht, ist sicher dem tragischen Unfall von Joachim Deckarm geschuldet“, sagt Spengler. Deckarm selbst hatte im Herbst 1978 erklärt: „Nur, weil wie Freunde sind, wurden wir Weltmeister!“ Und diese Freunde feiern in diesen Tagen gemeinsam in der Nähe von Aschaffenburg ihr Jubiläum.