Axel Kromer: „Wir biegen auf die WM-Zielgerade ein“
22.10.2018 Der DHB

Axel Kromer: „Wir biegen auf die WM-Zielgerade ein“

22.10.2018 · Slider, Home, Verband, WM 2019 · Von: bp

Axel Kromer: „Wir biegen auf die WM-Zielgerade ein“

Mit den beiden EM-Qualifikationsspielen gegen Israel und im Kosovo startet auch für Axel Kromer die heiße Phase der Vorbereitung auf die Heim-Weltmeisterschaft. Der Sportvorstand des Deutschen Handballbunds, zuvor unter anderem Co-Trainer der Nationalmannschaft, berichtet in diesem Interview von seiner Rolle während der WM, der besonderen Strahlkraft des Turniers und wie der DHB nachhaltig die WM auch für die Traineraus- und –weiterbildung nutzen will.

Wie steht es um Ihre persönliche WM-Vorfreude?
Axel Kromer: Jeder, der in Deutschland mit Handball zu tun hat, egal, ob als DHB-Sportvorstand oder Fan, spürt diese Vorfreude. Die steigt bei mir generell immer im Spätherbst, wenn bald eine WM oder EM ansteht, aber bei einer Heim-WM ist das natürlich noch intensiver. Wir als DHB dürfen uns natürlich nicht aufs Sofa legen und die WM-Vorfreude genießen, sondern es ist unsere Verpflichtung, alles dafür zu tun, dass die Vorfreude auch berechtigt war, in dem wir ein tolles und sportlich erfolgreiches Turnier organisieren.

Wie genau sieht Ihre Aufgabenstellung während der WM aus?
Axel Kromer: Ich bin als Delegationsleiter ganz nah‘ dran am Team. Die Aufgaben beinhalten sowohl sportliche als auch organisatorische Komponenten. Ich bin im Endeffekt dafür zuständig, dass sich die Mannschaft optimal auf die WM fokussieren kann, dass ich den Trainerstab und Teammanager Oliver Roggisch dort unterstütze, wo Hilfe benötigt wird. Ich bin natürlich im Misserfolgsfall auch für das Krisenmanagement zuständig, und dafür, dass ein eventueller Rückschlag dazu genutzt wird, um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Ich trage Verantwortung, egal, ob im Vordergrund oder im Hintergrund.

Was konkret gehört zu dieser Verantwortung?
Axel Kromer: Da gehören dann auch Aufgaben dazu, wie: Wie viele Medien und Sponsorentermine zu welchem Zeitpunkt? Alle, Fans, Journalisten und Partner, wollen eine erfolgreiche WM sehen, daher muss man auch frühzeitig die Zeiträume fixieren, ab denen nur noch ein Fokus auf die Vorbereitung und die WM gelegt wird. Da muss man die richtige Mischung finden, da muss ich vielleicht auch mal der harte Hund sein, der sagt: Das geht jetzt nicht mehr! Gleiches gilt für die Nähe zu den Fans: Uns hat immer diese Nahbarkeit ausgezeichnet, das soll natürlich auch so bleiben. Aber es wird Situationen geben, wo wir uns wieder intern fokussieren müssen.

Mit den beiden EM-Qualifikationsspielen gegen Israel und im Kosovo startet die WM-Vorbereitung in ihre heiße Phase. Was steht bis zum Eröffnungsspiel am 10. Januar auf dem Programm?
Axel Kromer: Die EM-Qualifikation ist eine erste Standortbestimmung - um es bildlich zu sagen, biegen wir beim 400-Meter-Rennen zur WM auf die Zielgerade ein. Natürlich sind die Nominierungen für diese Spiele Fingerzeige für das, was sich die sportliche Leitung für die WM vorstellt. Es werden jetzt keine Perspektivspieler mehr getestet, es geht in Richtung WM-Kader. Auch daher werden in beiden Spielen - mit allem Respekt vor unseren Gegner - auch unser Spiel, unsere Taktik im Vordergrund stehen, nicht die Ausrichtung des Gegners. Einfach gesagt, müssen wir beide Spiele auf dem Weg zur EM 2020 gewinnen. Die Lehrgänge in Wetzlar und Pristina werden wir ebenfalls schon zur Vorbereitung auf die WM nutzen.

Wie wichtig ist die Heim-WM langfristig für die Entwicklung des Handballs in Deutschland?
Axel Kromer: Alle Beteiligten - egal, ob DHB, Landesverbände oder Vereine - kennen die Strahlkraft des Leistungssports, alle wissen, wie wichtig Erfolge der Nationalmannschaft und tolle Stimmung in den Arenen bei einer Heim-WM für die Gesamtentwicklung einer Sportart sind. Wenn die Fans die Arenen zufrieden verlassen, entsteht Euphorie - auch für Einsteiger und solche, die vorher nicht so viel mit Handball zu tun hatten. Menschen interessieren sich für den Sport. Um später eine starke Spitze zu haben, braucht es erst einmal die Breite. Zudem können wir mit einem solchen Großturnier den Menschen vermitteln, welche Werte und persönlichkeitsbildenden Attribute der Handball hat, die man später fürs Privatleben und den Beruf sinnvoll einsetzen kann. Daher müssen wir für ein erfolgreiches Event sorgen, um die Menschen zu erreichen.

Wie lauten unter diesen besonderen Prämissen die Ziele der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-WM?
Axel Kromer: Wir wollen um die Medaillen kämpfen, aber das wollen wir viele andere Nationen auch. Nimmt man zum Beispiel unsere Vorrundengruppe, da fallen mir mit Frankreich, Serbien und Russland gleich drei Mannschaften ein, die auch mit dem Ziel Halbfinale zur WM kommen, und da sind noch nicht einmal Teams wie Europameister Spanien, Olympiasieger Dänemark, Kroatien oder Norwegen dabei. Der Reigen der Mannschaften, die das Zeug zur Medaille haben, ist unglaublich gewachsen. Die Spanne der Mannschaften ist sehr groß für die kleine Anzahl von vier Halbfinalisten. 2016 haben wir EM-Gold und Olympia-Bronze gewonnen, das war unglaublich toll. Aber man darf nicht glauben, das sei ein Automatismus, der so einfach weitergeht. 2017 und 2018 haben wir unsere Ziele verpasst. Da haben Nuancen über Sieg und Niederlage entschieden. Andere Nationen haben die gleiche Qualität und die gleichen Ansprüche wie wir, daher müssen wir als WM-Gastgeber sehr respektvoll sein und akzeptieren, dass andere auch hoch hinaus wollen. Es wird also ein ganz enger Kampf.

Noch einmal zurück zum Thema Nachhaltigkeit und Entwicklung, speziell, was die Trainerausbildung betrifft. Während der WM wird es in München ein hochkarätig besetztes Trainersymposium geben. Welche Ziele verfolgt der DHB als Veranstalter?
Axel Kromer: Als weltgrößter Handballverband wollen wir uns natürlich auch international aufstellen und präsentieren. Wir erwarten bei diesem Symposium viel Input, sowohl von den Referenten wie Dagur Sigurdsson oder Xavi Pascual, aber auch von den Teilnehmern. Zudem ist dieses Symposium für Trainer aus Ländern wie China oder Nordamerika gedacht, um sich Methoden und Wissen anzueignen, um den Handball dort noch populärer und stärker zu machen. Wir wollen global etwas anstoßen.

Und wie sieht dabei die Unterstützung für die deutschen Trainer aus?
Axel Kromer: Ein ganz wichtiger Baustein ist der neue Bundestrainer für Bildung und Wissenschaft. Durch diese Funktion und mit neuen Materialien wollen wir Trainer in allen Niveaustufen fördern und weiterbringen. Ganz in der Spitze wollen wir Generationen an Spielern ausbilden, die noch stärker sind als die aktuelle Generation und dazu neueste Erkenntnisse und Methoden einsetzen. Aber wir wollen nachhaltig dem kompletten Unterbau an Trainern Wissen an die Hand geben und neue Impulse setzen. So wollen wir auch tolle Trainerpersönlichkeiten mit bester Qualität für alle Ligen entwickeln.