18.11.2016 Jugend

"Schülern den Handball näher bringen" - DHB-Vizepräsident Georg Clarke im Interview

18.11.2016 · Slider, Home, Jugend, Landesverbände, HV Berlin · Von: pm

"Schülern den Handball näher bringen" - DHB-Vizepräsident Georg Clarke im Interview

Im Bereich der Jugendförderung tut sich seit Jahren einiges in Deutschland. Veranstaltungen mit Bundestrainer Dagur Sigurdsson und weiteren hochrangigen Trainern sowie ehemaligen Nationalspielern sollen dem Handball Präsenz in den Schulen verschaffen. Für Georg Clarke, DHB-Vizepräsident Jugend, Bildung und Schule ist dies allerdings erst der Anfang.

Die Jugendförderung hat in Deutschland in jüngster Vergangenheit Früchte getragen. Welche Maßnahmen haben die immer besser werdende Jugendarbeit in Deutschland vorangebracht?

Georg Clarke: „Dafür gibt es drei entscheidende Faktoren. Erstens hat die professionalisierte Handball-Bundesliga großen Anteil daran. Hinzu kommt das Jugendzertifikat der DKB Handball-Bundesliga, welches gleichzeitig mit den entstandenen Leistungszentren für eine gute Förderung gesorgt hat. Die Füchse Berlin sind natürlich das Aushängeschild der Jugendförderung.

Der zweite Punkt war die Einführung der Jugendbundesliga. Drittens trug die durch Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld ins Leben gerufene Eliteförderung enorm zur Verbesserung bei. Die spezielle Förderung für Jugendnationalspieler mit großem Potenzial hat sich bezahlt gemacht. Vor einigen Jahren gehörten bereits Spieler dazu, die heute Nationalspieler sind. Dazu zählen unter anderem Paul Drux, Fabian Wiede, Jannik Kohlbacher, Finn Lemke und Julius Kühn."

Neben den jüngsten internationalen Erfolgen der Jugendnationalmannschaften hat die A-Mannschaft den EM-Titel und die Olympische Bronzemedaille gewonnen. Ist das die beste Werbung, um Kinder für den Handball zu gewinnen?
Georg Clarke: „Es gibt viele Möglichkeiten. Aber das ist natürlich die beste Werbung für den Handball. Die Nationalmannschaft ist in jeder Sportart das Aushängeschild. Der Gewinn des EM-Titels hat viel gebracht, doch die Bronze-Medaille hat natürlich ebenfalls einen enorm großen Schub verliehen. Zwar haben wir noch keine Zahlen, die einen Mitgliederzuwachs in den letzten Monaten bestätigen. Jedoch haben wir aufgrund der Nachfragen das Gefühl, dass es mehr wird."

Wie steht derzeit um die Zahl der Mitglieder beim DHB, vor allem im Jugendbereich?
Georg Clarke: „Alle Sportarten haben im Moment Rückgänge in der Altersgruppe zwischen 7 und 12 Jahren. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die Zahl der Mitglieder im Alter von 27 bis 40 Jahren ebenfalls rückläufig ist. Gerade diese Altersgruppe ist auch wichtig, weil diese Mitglieder den Großteil der Trainer und Verantwortlichen für die Jugendlichen darstellen. Somit bleibt weniger Personal, um sich um die Neulinge zu kümmern.

Auf der anderen Seite hat sich auch die Schullandschaft geändert. Es gibt mehr Ganztagsschulen, wodurch die Kinder und Jugendlichen länger eingebunden sind und zum größten Teil dort ihre sportliche Aktivität haben. Deswegen ist es für uns besonders wichtig, direkt auf die Schulen einzugehen und den Schülern den Handball näher zu bringen."

Viele Schulprojekte wurden zuletzt umgesetzt. Wie erfolgreich verliefen diese Veranstaltungen, auch in Bezug auf neue Mitglieder?
Georg Clarke: „Das AOK Star-Training ist genauso wie die Grundschulaktionstage überwältigend positiv ausgefallen. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Es muss uns aber gelingen, dass es auch nachhaltig ist. Es hilft uns nicht, wenn wir einmal im Jahr etwas Schönes machen. Arbeitsgemeinschaften und Kooperationen zwischen Verein und Schule müssen entstehen und gepflegt werden. Weil sich auch das Gesellschaftsverhalten in den letzten Jahren geändert hat und ein größeres Sport- und Freizeit-Angebot herrscht, können wir nicht warten und hoffen, dass die anderen auf uns zukommen. Wir müssen mit progressiven Schritten immer weiter auf die Schulen zugehen."

Welche Mittel werden noch ergriffen, um die Zusammenarbeit mit den Schulen zu verbessern?
Georg Clarke: „Ein wichtiger Versuch ist es zurzeit, dass Lehrer über Fortbildungen dazu gebracht werden, selbst Handball zu unterrichten. Das gilt auch für Arbeitsgemeinschaften. Schüler mit Interesse bekommen auch die Möglichkeit für eine Mentorenausbildung. Es ist gewissermaßen eine Mini-Trainerausbildung, um die wichtigsten Grundlagen zu verinnerlichen, sodass Übungsstunden und Veranstaltungen geleitet werden können. Des Weiteren haben wir mit Tim Nimmesgern einen neuen Referent für Mitgliedergewinnung beim DHB."

Thema Integration von Migranten in den Handballsport: Haben Menschen Lust auf Handball, die diesen Sport vorher noch gar nicht kannten? 
Georg Clarke: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Handball in diesem Bereich noch im Nachteil ist. Für die meisten Migranten ist die Sportart nicht bekannt. Umso wichtiger ist es für uns, dass wir ihnen schon im Grundschulbereich einen einfachen Einstieg ermöglichen, sodass sie früh Zugang dazu bekommen. Eine gute Aktion ist ebenso die Umsetzung eines Handball-Comics, der in die arabische und türkische Sprache übersetzt wurde. Zum Ende des Jahres sollen diese Comics auch erscheinen. Wir erhoffen uns dadurch ein besseres Verständnis der Kinder für den Handball."

Der Länderpokal in Berlin im Dezember ist eine bedeutende Veranstaltung für den männlichen Jugendhandball. Wie bedeutsam schätzen Sie dieses Turnier ein, gerade was die Leistungssportförderung betrifft?
Georg Clarke: „Das ist das größte Event für die jugendlichen Auswahlspieler aller Landesverbände. Es ist ein ganz klares Highlight-Produkt. Ziel jeden Spielers ist es, auch eines Tages Nationalspieler werden zu können. Mit dem Länderpokal gibt es eine Vorstufe. Hier können sich die jungen Handballer mit den besten ihrer Altersgruppe messen. Darauf arbeiten sehr viele Jungs mehrere Jahre hin."