Flummi und das Debüt mit 30: Jenny Karolius im Interview
05.12.2016 A-Nationalmannschaft Frauen

Flummi und das Debüt mit 30: Jenny Karolius im Interview

05.12.2016 · Slider, Home, Nationalteams, Frauen Nationalteam · Von: BP

Flummi und das Debüt mit 30: Jenny Karolius im Interview

Seit vielen Jahren spielt Jenny Karolius in der Bundesliga, in Berlin, Bietigheim, Göppingen oder jetzt Leverkusen. Aber trotz der „klassischen Karriere“ in den Nachwuchsnationalmannschaften des DHB feierte die Kreisläuferin erst unter Michael Biegler ihr Debüt im Nationalteam – im zarten Alter von 30 Jahren im Juni gegen die Schweiz.

Beim 30:27-Erfolg gegen die Niederlande am Sonntag in Kristianstad hatte die gebürtige Berlinerin, die seit 2014 für Bayer spielt, ihr erstes EM-Spiel bei den Frauen – und beendete dies gleich mit vier Treffern aus vier Versuchen. In diesem Interview berichtet die Spätberufene, wie sie zu ihrem Spitznamen „Flummi“ kam, und warum es so viel Spaß, Teil des Nationalteams zu sein.

Was dachten Sie, als Michael Biegler sich im Frühjahr erstmals bei Ihnen gemeldet hatte?
Jenny Karolius: Ich habe ihn erst einmal gefragt: Sie wissen schon, wie alt ich bin? Ich war nicht besser geworden, oder hatte keinen Leistungssprung gehabt. Aber es war eben so, dass ein neuer Trainer kam – und der hat meine Leistung berücksichtigt. Vorher hatte mich niemand auf dem Schirm. Dann hat er mich bei Training und Spielen immer wieder beobachtet. Als ich dann erstmals nominiert wurde, habe ich mir keinen Kopf gemacht.

Bei Michael Biegler hat jede Spielerin ihre spezielle Aufgabe – was war das bei Ihnen, Abwehr oder Angriff?
Jenny Karolius: Ganz klar war die Abwehr immer mein Thema. Ich kommuniziere viel und versuche alle mitzunehmen. Das hat Michael Biegler gefalllen. Mein Vorteil für die Nationalmannschaft ist natürlich, dass ich in der Defensive aus Leverkusen eingespielt bin mit Kim Naidzinavicius. Das hat mir etwas den Druck genommen. Zudem wurde ich absolut problemlos von der Mannschaft aufgenommen, das machte den Start auch einfacher.

Ist das auch der Grund für die gute Atmosphäre in der Mannschaft?
Jenny Karolius: Wir haben alle verinnerlicht, dass jede Spielerin im Hinblick auf die WM 2017 ihre Bedeutung hat – dazu zählen derzeit auch die, die jetzt gerade nicht bei der EM dabei sind. Jede Spielerin ist wichtig. Denn nur so können wir bei Ausfällen reagieren. Unser Vorteil ist, dass wir nur schwer auszurechnen sind, weil wir alles auf viele Schultern verteilen. Wir haben nicht den Stars, sondern punkten als Mannschaft.

Und wie waren Ihre Gefühle am Sonntag bei Ihrem ersten EM-Spiel?
Jenny Karolius: Da hat das Herz ganz schön gepocht, das war schon etwas anderes als andere Länderspiele oder bei einer Juniorinnen-EM. Hier ist eben alles anders, und ich versuche so viele Erfahrungen wie möglich aufzusaugen. Gegen Mannschaften wie Frankreich oder die Niederlande spielst du ja nicht alle Tage, das sind ja Topgegner.

Wie kamen Sie zu Ihrem Spitzenamen Flummi?
Jenny Karolius:
Ich war als Jugendliche beim Training immer durch die Halle gerast. Da wo der Ball hüpfte, war auch Jenny. Das sah wohl aus wie ein Flummi, und den Spitznamen habe ich heute noch.

Neben dem Handball arbeiten Sie als Ergotherapeutin. Wie schaffen Sie es, Leistungssport und Beruf unter einen Hut zu bringen?
Jenny Karolius: Das war einer der ersten Punkte, den ich Michael Biegler gesagt habe: Ich arbeite 30 Stunden pro Woche, und wusste nicht, ob ich das alles mit der Nationalmannschaft unter einen Hut bekommen kann. Aber bei Biegler und Wolfgang Sommerfeld sind unsere dualen Karrieren ja ein ganz großes Thema. Sie haben gleich Kontakt zu meinem Chef aufgenommen. Und alle Probleme waren schnell aus der Welt geschaffen.