Lothar Doering – 1993 Weltmeistermacher, heute WM-Botschafter
24.11.2017 A-Nationalmannschaft Frauen

Lothar Doering – 1993 Weltmeistermacher, heute WM-Botschafter

24.11.2017 · Slider, Home, Nationalteams, Frauen Nationalteam, WM 2017 Frauen · Von: BP

Lothar Doering – 1993 Weltmeistermacher, heute WM-Botschafter

Er war der Vater des deutschen Frauenwunders: 1993 führte Lothar Doering die erste gesamtdeutsche Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft gleich zur Goldmedaille. In Oslo besiegte das neue zusammengewürfelte Team sensationell den großen Favoriten Dänemark im Finale – die bislang einzige Goldmedaille einer gesamtdeutschen Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft.

Daher gebührt dem heute 67-Jährigen der Auftakt einer kleinen Serie zu den Erfolgen deutscher Frauenmannschaften bei Weltmeisterschaften – 1993, 1997 und 2007. In dieser Serie kommen bis zum Start der Heim-Weltmeisterschaft am 1. Dezember 2017 Helden und Heldinnen dieser Turniere zu Wort. Natürlich hat auch Lothar Doering einen Bezug zur Heim-WM, denn er ist nicht nur interessierter Besucher der deutschen Spiele, sondern auch Botschafter des WM-Spielorts Leipzigs.

„Ich werde mir viele Spiele in Leipzig anschauen und bin natürlich gespannt, wie sich die deutsche Mannschaft entwickelt“, sagt der gebürtige Potsdamer, der in der Nähe von Leipzig lebt. Und am Finalwochenende? „Da habe ich noch nichts vor. Vielleicht werde ich ja noch nach Hamburg eingeladen.“

In seiner aktiven Zeit spielte Doering für den SC Leipzig, wurde 1974 mit der DDR Vize-Weltmeister und 1980 sensationell Olympiasieger, als man im Finale von Moskau die klar favorisierten Sowjets schlug. Danach wurde Doering Trainer, startete diese Karriere bei den Frauen des SC Leipzig, übernahm schließlich die DDR-Frauen-Nationalmannschaft. Nach der Wende wurde Doering zum gesamtdeutschen Bundestrainer. „Es gab von beiden Seiten viel Druck auf mich, was die Nominierungen für die erste gesamtdeutsche Mannschaft betraf. Aber ich habe gleich gesagt: Hier zählt Handball und nicht Politik – und so stellte ich meine Mannschaft für die WM 1993 zusammen“, blickt Doering zurück, und ergänzt mit einem Grinsen: „Und nach der WM gab es auch keine Kritik mehr an irgendwelchen Nominierungen.“

In der Vorbereitung deutete 1993 nicht viel auf einen späteren Titel bei der Weltmeisterschaft hin: „Wir hatten bei einigen Testspielen und Turnieren nicht so gut ausgesehen, der Weg zur WM war ziemlich steinig. Aber mit der Zeit wuchsen die Spielerinnen aus Ost und West immer enger zusammen. In der WM-Vorrunde gab es Erfolge gegen Angola und Schweden sowie eine Niederlage gegen Rumänien. In der Hauptrunde waren Tschechien und die USA keine Stolpersteine. Im finalen Duell gegen Österreich wurde der Gruppensieger und damit Finalteilnehmer entschieden. „Und das war das Schlüsselspiel überhaupt“, sagt Doering heute.

Die mit zahlreichen Stars von Hypo Niederösterreich gespickte Auswahl wurde förmlich an die Wand gespielt, am Ende hieß es 25:10. Deutschland hatte Rumänien und Österreich hinter sich gelassen, traf im Finale in Oslo auf Dänemark. Das Team um Anja Andersen hatte zwar gegen Gastgeber Norwegen verloren, profitierte aber von der norwegischen Niederlage gegen Russland, um ins Finale einzuziehen.

„Dänemark war der große Favorit, aber im Finale werden die Karten eben neu gemischt“, sagt Doering. 8:8 hieß es zur Pause, nach 60 Minuten stand es 17:17 – und nach der Verlängerung lagen sich Bianca Urbanka, Andrea Bölk & Co. feiernd in den Armen – 22:21, Weltmeister!

„Das war und bleibt eine Sensation, damit hat niemand gerechnet“, sagt Doering. Auch das deutsche Fernsehen war nicht auf einen solchen Triumph eingestellt. „Während wir Weltmeister wurde, zeigten die irgendein Tennisturnier. Das Interesse an Frauenhandball war damals noch nicht so hoch“, sagt Doering, der ein Jahr später ein ganz anderes Interesse erlebte: Die erste Frauen-Europameisterschaft wurde in Deutschland ausgespielt, die Hallen waren voll, alle deutschen Spiele wurden übertragen, inklusiv des Finales, das die DHB-Auswahl diesmal gegen Dänemark verlor. Später wurde Doering nochmals Frauen-Bundestrainer, konnte bei der WM 1999 den Erfolg von Oslo nicht wiederholen. „Wieder hatten wir ein Schlüsselspiel gegen Österreich, nur diesmal haben wir verloren.“ Später war er erfolgreicher Trainer der Männer des SC Magdeburg.

Und wie oft treffen sich die Heldinnen von 1993 noch? „Es gibt kaum Kontakt. Ich treffe die Spielerinnen, die noch in Leipzig leben wie Mühlner, Krüger oder Ciszewski noch ab und an“, sagt Doering. Und was können die Biegler-Ladies inklusive Emily Bölk, Tochter seiner Weltmeisterin Andrea Bölk, bei ihrer Heim-WM leisten? „Sie können sehr weit kommen. Ich hoffe, dass die Fans in Leipzig und Magdeburg sie so unterstützen, dass sie bis nach Hamburg kommen.“