Mia Zschocke und Amelie Berger: Die deutschen EM-Küken haben viele Gemeinsamkeiten
Sie sind die beiden jüngsten Spielerinnen im deutschen EM-Kader, die Nominierung durch Bundestrainer Henk Groener kam für beide überraschend, jetzt wollen sie ihre Chance in Frankreich nutzen: Mia Zschocke (20) und Amelie Berger (19) haben viele Gemeinsamkeiten. Beide spielen schon seit einigen Jahren gemeinsam bei Bayer Leverkusen, beide kamen schon als Jugendliche von kleinen Vereinen unters Bayer-Kreuz, beide haben alle DHB-Nachwuchsmannschaften durchlaufen, beide waren im Sommer im deutschen Team bei der U20-Weltmeisterschaft in Ungarn und beide feierten im September ihr Frauen-Länderspieldebüt in Nordhausen gegen Russland.
Nun werden Amelie Berger und Mia Zschocke auch beim Vorbereitungslehrgang im spanischen Alicante und später bei der EURO in Frankreich sogar das Zimmer teilen. Zudem gehören die Rechtsaußen Berger und Spielmacherin Zschocke zum neuen DHB-Elitekader, werden dort von den Mentoren Wolfgang Sommerfeld und Maik Nowak betreut.
„Ich war total überrascht, als mich Henk über die EM-Nominierung informierte“, sagte Berger. Zschocke wurde aufgrund der Verletzung von Kim Naidzinavicius nachnominiert. „Das ist eine unglaubliche Geschichte für mich. Damit hatte ich nie gerechnet“, sagt Zschocke.
Amelie Berger begann im Alter von acht Jahren mit dem Handball, bei ihrem Heimatverein SV 64 Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) erkannte man ihr Talent. „Sie sagten, Linkshänder kann man immer gebrauchen“, blickt Berger zurück. Anfangs spielte sie parallel auch noch Fußball und war Leichtathletin, mit 14 Jahren entschied sie sich dann komplett für Handball. Nur ein Jahr später wechselte sie zu Bayer, spielte in den Nachwuchsmannschaften und in der dritten Liga, ihre Premiere in der Frauen-Bundesliga absolvierte die Sportmanagement-Studentin im Jahr 2017. Ihr erstes großes Turnier war die U18-WM 2016 in Russland. Im Februar 2018 war Berger gleich zum Amtsantritt von Henk Groener zu dessen erstem Lehrgang eingeladen worden.
Die Entwicklung von Mia Zschocke war ähnlich, nur dass sie bereits mit vier Jahren anfing, Handball zu spielen, beim TSV Lohr in Mainfranken. Ihre Mutter war Handballerin, daher war die Wahl des Sports schnell geklärt. Nachdem sie in der unterfränkischen und der bayerischen Auswahl gespielt hatte, wurde Bayer Leverkusen auf die Spielmacherin aufmerksam. Mit 16 Jahren ging sie ins Bayer-Teilzeit-Internat, spielte wie Berger in der A-Jugend und der Drittliga-Mannschaft, feierte 2016 ihr Bundesliga-Debüt bei den Werkselfen. Neben dem Handball studiert sie Wirtschafts-Psychologie in Köln. Wie Berger gehört sie seit einem Jahr zum Erstliga-Kader.
„Es ist toll für uns beide, dass wir bei der EM zusammen sein werden. Man hat eine Bezugsperson, die man gut kennt, mit der man schon lange zusammengespielt hat. Das macht alles einfacher“, sagt Mia Zschocke. Und wo liegen die Stärken der beiden Talente? „Amelie ist eine hochbegabte Spielerin, die taktisch super ausgebildet ist. Sie ist schnell, hat Sprungkraft und ist eine Perfektionistin. Sie arbeitet jeden Tag hart daran, immer besser zu werden“, sagt Zschocke über ihre Teamkollegin. Und umgekehrt? „Mia kann ihre Mitspielerinnen toll in Szene setzen, sie sprüht vor Ehrgeiz und Willen“, sagt Berger.
Die Ziele der beiden für die anstehende Europameisterschaft sind ähnlich: „Wir wollen Erfahrung sammeln, reinschnuppern und unsere Chance nutzen. Wir wollen sehen, ob wir mithalten können. Wie viel Spielzeit wir bekommen, ist eher unerheblich“, sagt Berger. „Wir wollen jede Sekunde genießen, ganz viel lernen und den nächsten Schritt machen“, ergänzt Zschocke.
Beiden kommt natürlich der aktuelle Umbruch im deutschen Team nach der Heim-WM zugute, betont auch DHB-Sportvorstand Axel Kromer: „Es wurden einige Plätze frei, und die wurden eben an junge Spielerinnen und nicht an Platzhirsche vergeben. Amelie Berger und Mia Zschocke haben durch Qualität überzeugt. Beide haben ihre Chancen genutzt und werden durch Henk Groener jetzt weiterentwickelt. Er steht ja auch für den direkten Übergang vom Nachwuchs ins A-Team. Zudem ist es für junge Spieler immer einfacher in eine Mannschaft integriert zu werden, die auf dem Weg nach oben ist als wenn das Team schon ganz oben angekommen ist.“
Für Kromer sind Berger und Zschocke Musterbeispiele für das Eliteförderkonzept, das nun ausgeweitet wurde: „Im weiblichen Nachwuchs ist die Bereitschaft, dass jede viel investieren muss, um erfolgreich zu sein, angekommen. Zudem haben wir dank der Öffnung der Sportförderkompanie der Bundeswehr für unsere Spielerinnen nun auch ganz andere Fördermöglichkeiten.“
Dass Berger und Zschocke ihre EM-Nominierung absolut verdient haben, verdeutlicht auch Groener: „Amelie und Mia haben schon bei der U20-WM im Sommer und in der Bundesliga ihr großes Potenzial gezeigt, bei den Testspielen gegen Russland haben sie gleich bei ihrem Debüt überzeugt.“ Und generell zitiert der Niederländer Groener in diesem Zusammenhang gerne seinen Landsmann Johan Cruyff: „Wenn man einem Talent Vertrauen schenkt, wird man selten enttäuscht.“