Sportvorstand Axel Kromer: Wir müssen uns alles hart erarbeiten
24.01.2018 A-Nationalmannschaft Männer

Sportvorstand Axel Kromer: Wir müssen uns alles hart erarbeiten

24.01.2018 · Home, Nationalteams, Männer Nationalteam · Von: BP

Sportvorstand Axel Kromer: Wir müssen uns alles hart erarbeiten

Seit dem Bundestag Ende Oktober ist Axel Kromer Vorstand Sport im Deutschen Handballbund, zuvor war er Chef-Bundestrainer Nachwuchs, Co-Trainer von Dagur Sigurdsson bei den Männern und Markus Baur bei den Junioren. Der 41-Jährige, der als Kreisläufer für den VfL Pfullingen in der Bundesliga spielte, kennt also viele Facetten rund um die Nationalmannschaft.

In diesem Interview stellt Axel Kromer seine Aufgaben bei der EHF EURO 2018 in Kroatien vor, beleuchtet die aktuellen Stärken und Schwächen der Bad Boys und blickt auf das alles entscheidende „Hauptrundenfinale“ am heutigen Mittwochabend gegen Spanien (20.30 Uhr, live im ZDF) voraus.

Welche Aufgaben hat der Vorstand Sport des DHB während der EURO?
Axel Kromer: Mein Tagesablauf dreht sich zu rund einem Drittel um die EM, zwei Drittel sind Aufgaben, die ich sonst auch zuhause im Büro erledigen würde. Das war natürlich etwas anders, als die Slowenen ihren Protest und Einspruch einreichten, da habe ich gemeinsam mit unserem Rechtsbeistand unseren Widerspruch verfasst und war fast permanent im EM-Einsatz. Sonst sind es viele administrative Aufgabe wie Spielerwechsel, zudem bin ich der Kontaktmann für alle EHF-Anliegen und habe gemeinsam mit Teammanager Oliver Roggisch gewisse logistische Aufgaben. Aber natürlich spreche ich auch mit dem Trainerteam, aber in diesem Punkt sollte meine Rolle nicht überbewertet werden.

Vor zwei Jahren, beim EM-Titel in Polen, waren Sie noch Co-Trainer. Wie bringen Sie nun Ihre Erfahrungen ein?
Axel Kromer: Ich sitze natürlich häufig mit Bundestrainer Christian Prokop und Co-Trainer Alexander Haase zusammen, und wir reden viel über die EM. Gern lasse ich da meine Erfahrung einfließen. Zudem bin ich in der Pausenbesprechung des Trainerteams während der Spiele dabei. Ich höre aber nur zu. Wenn Alex mich nach meinem Input fragt, gebe ich meine Meinung weiter. Er kann dann entscheiden, ob er das ins Gespräch mit dem Cheftrainer einbringt oder nicht. Ich rede niemandem rein, unsere Trainer sehen viel und machen sich ihre eigenen Gedanken.

Wie bewerten Sie die bisherigen Auftritte der deutschen Mannschaft bei der EURO?
Axel Kromer: Vor zwei Jahren hat die deutsche Nationalmannschaft eine unglaubliche Euphorie entfacht und Ergebnisse eingefahren, die uns zuvor keiner zugetraut hat. Diese Leistungen waren am maximalen Limit; und plötzlich hatten wir die Chance auf den Titel. Nun haben wir immer noch die Chance, uns fürs Halbfinale zu qualifizieren, das war und ist unser Ziel. Es ist aber angesichts der Konkurrenz bei einer EURO auch klar, dass wir uns dieses Ziel hart erarbeiten müssen. Ich sehe eine positive Entwicklung in der Mannschaft seit 2016, wir haben unsere Leistungen stabilisiert, aber: Wir haben großen Respekt vor jedem Gegner. Wir können uns ja nicht hierhin stellen und sagen ‚Wir sind die Größten‘.

Das heißt, im Gegensatz zu 2016 ist aktuell auch die Erwartungshaltung eine andere?
Axel Kromer: Wir freuen uns natürlich, dass wir so intensiv von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden und dass sich viele Menschen für uns und unsere Ergebnisse interessieren. Es ist schön, dass man sich in der Heimat so viele Gedanken um uns macht und dass sich viele mit dem Team und den Zielen identifizieren.

Was waren bislang die Stärken und Schwächen des deutschen Teams?
Axel Kromer: Wir kassieren relativ wenige Tore, das spricht für die gute Defensive, also das Rückzugsverhalten und die Leistungen der Torhüter. Was noch nicht so klappt, wie wir uns das gewünscht haben, ist, diese Abwehrstärke in einfache Gegenstoßtore umzumünzen. Unser Tempospiel ist auf jeden Fall ausbaufähig, aber man muss auch bedenken, dass die zentralen Defensivspieler nicht unbedingt die Gegenstoßexperten sind, da ist taktisch gesehen, der Blick auf die stabile Abwehr wichtiger.
Zudem müssen wir die Passgeschwindigkeit erhöhen und wieder zur alten Leichtigkeit zurückfinden. Wir erarbeiten uns zu viele Tore, als sie uns zu erspielen. Dass wir das können, haben zum Beispiel die letzten Tests gegen Island gezeigt. Was uns zudem zum Beispiel im Vergleich zu Dänemark fehlt, sind Rückraumspieler mit Champions-League-Erfahrung. Die haben dort Leute wie Rasmus Lauge oder Mikkel Hansen. Es stimmt mich aber positiv, dass immer einzelne Rückraumspieler dominant in einzelnen Spielen auftreten, mal war das Steffen Fäth, dann Steffen Weinhold, zuletzt Julius Kühn. Wenn das gegen Spanien mal zwei oder drei sind und wir zudem unsere Siebenmeterquote verbessern, bin ich optimistisch.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft vor diesem alles entscheidenden Duell heute Abend?
Axel Kromer: Fokussiert, die Anspannung und die Vorfreude kommen am Spieltag selbst. Wir wissen, dass wir Spanien schlagen können, aber auch sie wissen, dass sie uns schlagen können. Es ist in der europäischen Spitze alles so eng beisammen. Man muss sich doch nur vor Augen halten, dass bei den drei letzten drei Großturnieren innerhalb von zwölf Monaten drei verschiedene europäische Teams die Titel gewannen: Wir bei der EM 2016, dann Dänemark bei Olympia und Frankreich bei der WM. Diese drei plus Gastgeber Kroatien haben alle den gleichen Anspruch – und dann sind da auch noch Mannschaften wie der WM-Zweite Norwegen und der WM-Dritte Slowenien und natürlich der EM-Zweite Spanien. Und wenn diese Teams aufeinandertreffen, entscheiden Kleinigkeiten.