02.08.2017 Schiedsrichter

"Damit haben wir nicht gerechnet!" - Das Schiedsrichtergespann Kruska/Lange im Interview

02.08.2017 · Home, Schiedsrichter, HV Berlin · Von: PM

"Damit haben wir nicht gerechnet!" - Das Schiedsrichtergespann Kruska/Lange im Interview

Seit diesem Jahr steht das Berliner Schiedsrichtergespann Susann Kruska/Sarah Lange  als Aufsteiger in den Bundesliga-Kader fest - der Lohn für kontinuierliche Arbeit mit guten Leistungen. Den Schiedsrichterinnen wird Vertrauen geschenkt. Anfang Juni waren die beiden Unparteiischen bei der weiblichen A-Jugend-Meisterschaft im Einsatz. Das Gespann leitete am 3. Juni die Halbfinalbegegnung zwischen dem VfL Oldenburg und dem Buxtehuder SV und einen Tag später das Spiel um Platz drei. Im Interview sprechen Susann Kruska und Sarah Lange über ihre Eindrücke, persönliche Highlights und wie es mit ihrer Schiedsrichter-Laufbahn weitergehen soll.

A-Jugendfinalspiele um die deutsche Meisterschaft werden erfahrenen Schiedsrichter/innen anvertraut - so war es auch bei Ihnen. Wie haben Sie darauf reagiert, als Sie die Nachricht erreichte?

Susann Kruska: Ehrlich gesagt haben wir damit gar nicht gerechnet. Umso größer war die Freude über das geschenkte Vertrauen des Schiedsrichterausschusses. Für uns war das Final Four der absolute Punkt auf dem i dieser Saison.

Sarah Lange: Wir waren absolut überrascht und haben uns gefreut, dass uns das Vertrauen entgegengebracht wurde, diese Spiele leiten zu dürfen.

Gab es in den beiden Spielen komplizierte Momente, in denen Sie unsicher gewesen sind? Wenn das der Fall ist: wie muss ein Schiedsrichter damit umgehen?

Susann Kruska: Ich denke solche Momente gibt es in jedem Spiel, da wir als Schiedsrichter auch Fehler machen. Durch unsere Kommunikation im Spiel unterstützen wir uns gegenseitig, wenn mal ein Pfiff danebengeht. Nach dem Spiel sind wir dankbar für Feedback, denn nur so können wir unsere Leistung verbessern.

Sarah Lange: Jedes Spiel bringt leichte und weniger leichte Szenen mit sich. Bei der deutschen Meisterschaft der weiblichen A-Jugend handelt es sich um das Highlight eines jeden A-Jugendspielers und deren Trainer bei welchen sowohl diese als auch wir Schiedsrichter alles richtig machen wollen. Wir müssen als Schiedsrichter sekundenschnell entscheiden und wir machen dabei auch Fehler. Wichtig hierbei ist jedoch, das Geschehene schnell abhaken zu können und sich wieder voll auf das laufende Spiel zu konzentrieren.

Welche Spiele/ Veranstaltungen gehören für Sie zu Ihren persönlichen Highlights?

Susann Kruska: Ich habe viele persönliche Highlights, an die ich gern denke. Wir haben beispielsweise am 4. Oktober 2015 ein Pokalspiel geleitet, bei dem die Erstligamannschaft des HC Leipzig beteiligt war. Es war unser erstes Spiel mit Erstligabeteiligung und wir waren ganz schön nervös. Kurz darauf leiteten wir dann unser erstes Spiel in der 1. Bundesliga: SVG Celle gegen HSG Blomberg Lippe. Ein weiteres Highlight war, als wir von Peter Rauchfuß am Ende unserer ersten Saison im Bundesliga-Nachwuchskader für die Deutsche Meisterschaft der weiblichen B-Jugend nominiert wurden. Dass wir dieses Jahr dann ein Halbfinale und das Spiel um Platz 3 der deutschen Meisterschaft der weiblichen A-Jugend leiten durften, werden wir wohl auch nicht vergessen.

Sarah Lange: Die Deutsche Meisterschaft der weiblichen A-Jugend war unser persönliches Saison-Highlight. Jede Saison hat ihre eigenen besonderen Momente, denn alleine Bundesligaspiele leiten zu dürfen, ist großartig.

Seit wann pfeifen Sie beide gemeinsam als Schiedsrichtergespann?

Susann Kruska: Wir haben den Schiedsrichterschein mit zwei weiteren Freundinnen im Jahr 2004 gemacht. Wie das bei Mädchen so ist, hatte jede jeder versprochen mit ihr ein Team zu bilden. So leiteten wir beide zunächst mit einer anderen Schiedsrichterpartnerin die ersten Spiele. Nach einem Jahr haben wir uns dann jedoch zusammengetan und gemerkt, dass es passt. Kaum zu glauben, dass es schon 12 Jahre sind.

Sarah Lange: Seit 2005 stehen wir gemeinsam auf der Platte. Ich kann mir eine andere Schiedsrichterpartnerin auch nicht mehr vorstellen.

Welcher Beweggrund war entscheidend, dass Sie sich für eine Karriere als Schiedsrichterin entschieden haben?

Susann Kruska: Ich spiele Handball seit ich denken kann und bin bei allem was ich tue sehr ehrgeizig. Als Spielerin kam es deshalb auch mal vor, dass ich mit Schiedsrichterentscheidungen nicht einverstanden war. Ich habe den Schiedsrichterschein gemacht, um mich besser in die Position eines Schiedsrichters hineinversetzen zu können. Und das hat mir von Beginn an sehr viel Spaß gemacht.

Sarah Lange: Wie Susi habe ich sehr früh begonnen Handball zu spielen und bin dem Handballsport seitdem eng verbunden. Aufgrund des Schiedsrichtermangels gab es auch bei uns Spiele, für die kein Schiedsrichter angesetzt werden konnte. Ich wollte an dieser Situation etwas ändern und dazu beitragen, dass es weniger unbesetzte Handballspiele gab. So entschied ich mich mit Susi und anderen Freundinnen den Schiedsrichterschein zu machen. Schließlich fand ich schnell großen Spaß daran, das Handballspiel mal aus einer anderen als der Spielerperspektive zu betrachten.

Wie viel Zeit verbringen Sie mit dem Nebenjob Schiedsrichter?

Susann Kruska: Das ist in Stunden oder Tagen nur schwer darzustellen. Wir haben während der Saison fast jedes Wochenende mindestens ein Spiel, ab und an auch ein zweites. Je nach Entfernung des Spielortes sind wir auch schon mal mehr als zwölf Stunden unterwegs für ein Spiel. Bevor wir zu einem Spiel fahren, bereiten wir uns mit Hilfe von Videos vorangegangener Spiele und allgemeinen Informationen zu den Beteiligten der bevorstehenden Begegnung vor. Unsere geleiteten Spiele analysieren wir anschließend und nutzen hierfür die Videoportal Sportlounge. Bei sogenannten Stützpunkttrainings trainieren wir gemeinsam mit anderen Schiedsrichtern und tauschen uns über unsere Spiele und Erfahrungen aus.

Sarah Lange: Hinzu kommt, dass wir als Schiedsrichter den Mannschaften gegenüber auch verpflichtet sind, uns sowohl körperlich als auch regeltechnisch fit zu halten. Wir gehen zwei bis drei Mal pro Woche ins Fitnessstudio und nutzen das von Susi angesprochene Videoportal Sportlounge, um Spiele zu analysieren. Sportlounge beinhaltet ebenfalls eine Schulungsdatenbank, in der wir uns ausgewählte Szenen der Spieltage anzuschauen können.

Welche weiteren Ziele oder Wünsche haben Sie in den nächsten Jahren?

Susann Kruska: Ich würde gern das in uns gegebene Vertrauen weiterhin mit guten Leistungen bestätigen wollen. Wir möchten uns weiter in den Spielklassen, in denen wir seit zwei Jahren aktiv sind, etablieren.

Sarah Lange: Ich wünsche mir, dass wir weiterhin mit so viel Freude an der Pfeife bleiben und den Rest lassen wir einfach auf uns zukommen.

Für nacheifernde Neulinge: Welche drei Fähigkeiten und Tugenden sollte jeder Schiedsrichter mit sich bringen?

Susann Kruska: Ein Schiedsrichter sollte Spaß am Handball haben und offen und kommunikativ im Umgang mit anderen Menschen sein. Es gehört außerdem Mut dazu Entscheidungen zu treffen und zu Fehlern stehen zu können.

Sarah Lange: Ich denke jeder, der Schiedsrichter werden möchte, sollte Selbstvertrauen in seine Fähigkeiten haben und bereit sein an sich zu arbeiten. Wichtig ist aber auf jeden Fall, dass man Spaß bei der Sache hat.