Zwei Stammgäste, der Gastgeber und der Senkrechtstarter
Von den 40 im Herbst angetretenen Mannschaften in der A-Jugend-Bundesliga weiblich sind vier übrig geblieben. Lokalmatador HC Leipzig, der TSV Bayer 04 Leverkusen, der Buxtehuder SV und die SG BBM Bietigheim ermitteln den Titelträger der Saison 2020/21. Bei den Spielerinnen, Trainern und Betreuerstäben steigt zum Abschluss dieser besonderen Saison die Vorfreude genauso wie bei den DHB-Trainern Gino Smits, Zuzana Porvaznikova und André Fuhr, die sich vor Ort wertvolle Eindrücke vom Leistungsstand der Spielerinnen verschaffen. Auch DHB-Vizepräsident und Jugendspielausschussvorsitzender Carsten Korte sowie die Jugendspielausschussmitglieder Jens Schoof und Bernd Ullrich sind gespannt, was die Partien in Leipzig vor ihren Augen bereit halten.
Die Teilnehmer:
HC Leipzig
Wie schon vor zwei Jahren hat der HCL es erneut ins Final Four geschafft. Der letzte Titel liegt hingegen schon etwas länger zurück. 2012 entschied das Team aus Sachsen das Finale gegen die HSG Blomberg-Lippe für sich. „Vielleicht ist mit dem Heimvorteil etwas möglich. Ich würde es der Mannschaft so sehr wünschen“, sagt Trainer Steffen Obst. „Dass wir in diesem Jahr sowohl mit der A- als auch mit der B-Jugend unter den Top-Vier stehen, zeigt unsere riesige Jugendarbeit. Diese Erfolge kommen nicht von ungefähr“, ergänzt er. Mit den überzeugenden Leistungen im Achtel- und Viertelfinale gegen die HSG Bensheim/Auerbach und Borussia Dortmund sammelte die Mannschaft Selbstvertrauen für das bevorstehende Heimspiel.
Im ersten Halbfinale am Samstag ab 14 Uhr wartet mit dem Buxtehuder SV das Team, das der HCL-Coach als leichten Favoriten ausmacht. „Die vier Mannschaften bewegen sich fast auf Augenhöhe, sodass die Tagesform entscheidend sein könnte. Insgesamt glaube ich, dass Buxtehude die spielstärkste Mannschaft ist, die einen Schritt vorne ist. Aber wir haben keine Angst vor dem Gegner und gehen volle Kraft voraus.“ Über sein gefürchtetes Tempospiel will Leipzig die gegnerische Abwehr aufreißen. „Wenn unsere Deckung steht und unsere beiden Torhüterinnen aufdrehen, sodass wir im Umschaltspiel Geschwindigkeit aufnehmen können, wird es nicht einfach uns zu schlagen“, hofft Obst, dass seine Mädels zum Saisonhöhepunkt ihr Potenzial ausschöpfen können.
SG BBM Bietigheim
Es ist der Nachmittag des 11. Oktober in der Bietigheimer Sporthalle am Viadukt: Die SG BBM liegt in der noch relativ jungen Bundesliga-Saison zum Gruppenphasen-Abschluss gegen den TSV Haunstetten nach 46 Minuten mit 11:14 zurück. Eine Niederlage, und die Bundesliga-Saison ist für die Enztalerinnen bereits früh beendet. Aber dann zeigt die SG, welche Moral in ihr steckt. In einem dramatischen Endspurt sichert sie sich noch den 17:16-Sieg, schließt die Gruppe auf Platz zwei und befindet sich weiterhin im Rennen.
Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass die Mannschaft knapp acht Monate später im Final Four steht. „Das ist ein großartiger Erfolg für uns“, sagt Trainer Brian Ankersen. Für viele Mannschaften war die lange Corona-Pause ein Nachteil, der Däne hingegen legt diese Zeit zwischen Herbst und Frühling als „großen Vorteil“ für sein Teams aus. „Wir hatten die Möglichkeit durchgängig zu trainieren, konnten neue Ideen einbringen und die Mannschaft hat sich dank ihres großen Einsatzes weiterentwickelt“, beschreibt er. Aus einer Trainingseinheit pro Woche wurden vier – das schlägt sich in der Leistung und den Ergebnissen nieder. Verlor Bietigheim in der Gruppe zum Beispiel noch gegen die SG Kappelwindeck/Steinbach, so revanchierte man sich im Viertelfinale und löste das Ticket für Leipzig, wo im Halbfinale am Samstag ab 17 Uhr der TSV Bayer 04 Leverkusen wartet. Bemerkenswert ist zudem, dass der langwierige Ausfall von Haupttorschützin Lotta Gerstweiler kompensiert werden konnte, die sich einen Kreuzbandriss zuzog. Mit mannschaftlicher Geschlossenheit und der inzwischen Erstliga-erprobten Rena Keller als großer Rückhalt zwischen den Pfosten trotzten die Baden-Württembergerinnen dem Verletzungspech. „Ich habe mir die Spiele unseres Halbfinalgegners Leverkusen angeschaut. Das ist eine richtig starke Mannschaft. Aber wir werden uns nicht hinlegen und dem Gegner kampflos den Sieg überlassen“, kündigt Ankersen an.
Buxtehuder SV
In Reihen des Buxtehuder SV endet am Sonntag eine Ära. Die frühere Weltklasse-Kreisläuferin Heike Axmann nimmt zum (vorerst) letzten Mal auf der BSV-Bank Platz. Nach 30 Jahren in Reihen des Vereins verabschiedet sich die Weltmeisterin von 1993, um eine neue Aufgabe als Co-Trainerin der HL Rosengarten-Buchholz anzunehmen. Mit dem Buxtehuder Nachwuchs gewann die 52-Jährige bis heute drei Titel: 2014 mit der B- und 2016 sowie 2017 mit der A-Jugend. Liebend gerne würde sie sich in Leipzig mit dem vierten Erfolg verabschieden.
Die Mannschaft konnte aufgrund der Corona-Einschränkungen lange Zeit nur in Zweiergruppen trainieren und durfte erst spät wieder ins normale Training wieder einsteigen. „Wir haben viel an der Athletik und den handballerischen Grundlagen gearbeitet. Die Mädels waren sehr fleißig und haben hart trainiert. Nachdem wir wieder mit dem Mannschaftstraining beginnen konnten, hat sich die Mannschaft von Spiel zu Spiel weiterentwickelt. In den vier Partien nach der Pause konnte man erkennen, dass die Spielpraxis zurückkam“, erzählt Trainerin Axmann. Die Grundlagen für das Final Four sieht sie geschaffen: „Das Team ist läuferisch gut drauf. Da wir in Sachen Athletik viel getan haben, auch in diesem Bereich fit und das Investieren ins Techniktraining zahlt sich ebenfalls aus. Unsere Stärke besteht sicherlich darin, dass wir im Tor sehr gut besetzt sind und in der Abwehrleistung langsam wieder stabiler werden. Dadurch können wir gut ins Umkehrspiel kommen. Wir freuen uns auf Leipzig. Jedes Spiel in der Jugendbundesliga ist für die persönliche Entwicklung der jungen Spielerinnen wichtig, und je weiter man in diesem Wettbewerb kommt, desto höher steigt das Niveau.“ Den Saisonhöhepunkt verpasst Mia Lakenmacher, die sich im Viertelfinale gegen den Thüringer HC am Knie verletzte.
TSV Bayer 04 Leverkusen
Die „Juniorelfen“ sind nicht nur beim Final Four Stammgast, sondern inzwischen auch im Endspiel. Seit dem Jahr 2013 stand Bayer immer im Finale, holte dabei viermal den Titel (2013, 2014, 2015, 2018) und musste sich dreimal geschlagen geben. „Diese Kontinuität ist ein Beleg für unsere Philosophie. Wir setzen auf die Jugend, aus der wir möglichst viele Spielerinnen in die Frauen-Bundesliga bringen wollen“, sagt Trainer Jörg Hermes. Auf dem Weg ins Profigeschäft sind gerade die Höhepunkte wie das bevorstehende Wochenende wichtige Erfahrungen. „Es kommt darauf an, mit der Drucksituation umgehen zu können und sich zwei Tage lang voll zu fokussieren“, unterstreicht Hermes.
Seit dem Jahr 2016 lautete das Finalduell um den Titel dreimal Leverkusen gegen Buxtehude. „Es sind häufig die gleichen Vereine, die am Ende um die Meisterschaft spielen. Das spricht für ihre gute Arbeit. Alle freuen sich auf die Vergleiche, weil man weiß, dass es hochklassige Partien werden“, erwartet der Trainer. Bislang war in dieser Saison keiner der fünf Gegner der Leverkusener Mannschaft richtig gewachsen. Am nähesten heran kam die HSG Blomberg-Lippe im Viertelfinal-Rückspiel (21:19 für Leverkusen), ansonsten setzte sich die „Elfen“ immer mit mindestens zwölf Toren Differenz durch und kassierten in lediglich einer Partie mehr als 20 Gegentore. Für Samstag und Sonntag erwartet der Trainer Begegnungen auf Augenhöhe – wie schon 2019. Damals gewann Bayer im Halbfinale nach Verlängerung gegen die HSG Marne/Brunsbüttel und verlor das Endspiel beinahe in letzter Sekunde mit einem Tor Unterschied gegen Dortmund.
Natürlich würde Leverkusen am Sonntagabend gerne zum fünften Mal die A-Jugend-Meisterschaft gewinnen und mit dem alleinigen Rekordhalter VfL Oldenburg gleichziehen. Nur auf die Platzierung blicken Hermes und seine Co-Trainerin Jennifer Karolius jedoch nicht: „Wir wollen unser Leistungsoptimum abrufen. Wenn uns das gelingt, sind wir zufrieden. Die Vorfreude ist bei uns allen riesig. Vor allem für die Spielerinnen des Jahrgangs 2002 ist es ungemein wichtig, dass der Spielbetrieb nach der langen Pause wieder aufgenommen wurde.“ (RW)