20200102_Ankunft_Frankfurt
Voller Vorfreude hat sich die Handball-Nationalmannschaft zum Auftakt ihrer EM-Mission in Frankfurt zusammengefunden. Die derzeitige Verletzungsmisere weckt Erinnerungen an das Turnier 2016 - im negativen wie im positiven Sinne.
Die Anreise auf den spiegelglatten Straßen überstanden die deutschen Handballer unfallfrei. Trotz tückischem Blitzeis in und um Frankfurt trudelten Spieler und Trainerteam am Donnerstagvormittag letztlich ohne weitere Ausfälle beim offiziellen Treffpunkt zur EM-Mission ein. "Jetzt ist die Theorie vorbei. Jetzt geht es los", sagte Rückkehrer Johannes Bitter, eingemummelt in eine dicke Winterjacke. Voller Tatendrang sagte DHB-Teammanager Oliver Roggisch dem SID: "Jetzt beginnt die heiße Phase."
Nach insgesamt sieben Absagen im Vorfeld des Turniers weckt die Situation der dezimierten Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop Erinnerungen an den sensationellen Titelgewinn vor vier Jahren. So gab beispielsweise Kapitän Uwe Gensheimer - damals selbst einer der zahlreichen verletzten Führungsspieler - offen zu, in der aktuellen Misere eine Parallele zu 2016 zu erkennen.
"Ein Stück weit schon. Das muss man ganz ehrlich sagen", meinte der Mannheimer, ohne darin allerdings einen Nachteil erkennen zu wollen: "Ich denke, dass wir mittlerweile den Luxus haben, viele Spieler auf einem Niveau zu haben. Ich habe da großes Vertrauen in uns als Mannschaft, dass wir das schnell hinbekommen."
Schließlich hatte man dies auch schon vier Jahre zuvor geschafft, als nur zwei Akteure im Kader vor dem Turnier überhaupt EM-Erfahrung aufwiesen. Trotzdem hatten die schon jetzt legendären "Bad Boys" dank ganz besonderem Teamgeist Großes vollbracht und den EM-Titel gewonnen. Die Ausgangslage diesmal ist durchaus vergleichbar: Den jüngsten Ausfall von Linkshänder Franz Semper etwa, der wegen Anzeichen einer Herzmuskelentzündung kurzfristig auf eine Teilnahme verzichten musste, soll beispielsweise mit David Schmidt vom TVB Stuttgart ein Debütant abfangen.
Ein weiteres Rezept für ein erfolgreiches Abschneiden bei dem Event in Norwegen, Österreich und Schweden (9. bis 26. Januar) nannte derweil 2016-Europameister Andreas Wolff. "Wir müssen Geilheit auf das Turnier entfachen", forderte der Torhüter. In der verbleibenden Woche bis zum EM-Start gegen die Niederlande, beim Trainingslager in Frankfurt und den Testspielen gegen Island (Samstag, 17.20 Uhr/ZDF) und Österreich (Montag, 14.40 Uhr/ARD) müsse das Team "das Gefühl aufbauen, zusammen diese Europameisterschaft gewinnen zu wollen."
Ganz so offensiv wie der gewohnt angriffslustige Wortführer Wolff wollten andere die Zielsetzung nicht formulieren. Gensheimer etwa sprach lieber von einem "breiten Spektrum, weil viele Mannschaften auf einem ähnlichen Niveau sind" und auch Roggisch wollte "lieber kleine Brötchen backen" und erstmal das Halbfinale erreichen. "Wir haben eine Riesenaufgabe vor uns, wissen aber auch, dass wir die Riesenchance haben, ein richtig gutes Turnier zu spielen und es vielleicht auch mit einer Medaille abzuschließen", sagte er.
Coach Prokop hielt sich vor dem großen Medientag am Freitag derweil noch fast vollständig bedeckt. "Gut rüber gerutscht" ins neue Jahr sei er und "voller Vorfreude", rief er den wartenden Journalisten lediglich zu: "Jetzt freue ich mich auf die Jungs, die da sind". Zu denen immerhin sechs Europameister von 2016 gehören.
(SID)