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Traum von der zweiten EM-Teilnahme

05.11.2020

Sie träumen von der zweiten EM-Teilnahme der Geschichte, wissen aber auch, dass sie in Hin- und Rückspiel gegen Deutschland nur der Außenseiter sind: Mit vielen Routiniers, einem Bundesliga-Legionär und der Erfahrung von der EHF EURO 2020 will Bosnien-Herzegowina in der Qualifikation für die EM 2022 angreifen. „Deutschland ist der klare Favorit unserer Gruppe, wir kämpfen mit Österreich um den zweiten Platz, und Estland ist der Außenseiter. Auch wenn wir vier der letzten fünf Spiele gegen Österreich verloren haben, schaue ich nicht auf die Statistik. Ich bin optimistisch, dass wir es wieder schaffen, und sei es als Gruppendritter. Mit sechs bis acht Punkten sind wir bei der EM dabei“, hat Nationaltrainer Bilal Suman vor dem Start der Qualifikationsrunde hochgerechnet.

Unter Suman qualifizierten sich die Bosnier nach mehreren Anläufen erstmals für eine EM, blieben im Januar 2020 in der Hammergruppe gegen Portugal, Frankreich und Norwegen aber ohne einen Punkt. In der EM-2020-Qualifikation gelangen dem Flensburger Torwart Benjamin Buric & Co. unter anderem Auswärtssiege in Weißrussland und Tschechien. Die bislang größte Überraschung glückte Bosnien-Herzegowina mit der Qualifikation für die WM 2015 in Katar, als man in den Play-offs Island schlug. Neben Buric, dessen Bruder Senjanim (jetzt in Zagreb) ebenfalls zum Nationalteam gehört, war in Spielmacher Josip Peric (Frisch Auf Göppingen) ein weiterer Bosnier in der Bundesliga aktiv, bevor er vor dieser Saison nach Bitola wechselte.

Gegen Bosnien-Herzegowina spielte die deutsche Nationalmannschaft in der Qualifikation zur WM 2013 in Spanien. Dem deutlichen 36:23 im Hinspiel in Stuttgart folgte eine 24:33-Niederlage in Sarajewo, die um ein Haar das Aus bedeutet hätte. Seinerzeit war noch der Ex-Wetzlar-Trainer Zoran Markovic Coach der Bosnier, es folgte unter anderem Velimir Petkovic - nun hat Bilal Suman das Heft in der Hand.

Der war als Spieler zunächst bei Pelister Bitola in Nordmazedonien, ehe er nach Spanien und schließlich für lange Zeit zu KIF Kolding wechselte. In Dänemark machte Suman auch seinen Trainerschein, übernahm zunächst die Frauen von KIF Kolding und dann die Männer - wo er unter anderem Topstars wie Kasper Hvidt, Joachim Boldsen, Lasse Boesen, Kim Andersson oder Albert Rocas trainierte. Zweimal führte er Kolding zur dänischen Meisterschaft, weil ihm aber der erhoffte große internationale Wurf verwehrt blieb, trennten sich die Wege. 2016 übernahm Suman schließlich die bosnische Nationalmannschaft. Der Kreis mit Kolding hat sich indes geschlossen: Sein mittlerweile 20-jähriger Sohn Benjamin unterschrieb 2018 bei KIF einen Profivertrag und spielt noch beim süddänischen Klub.

Wenn Suman sein Nationalteam einlädt, kommen die Spieler aus ganz Europa, zu schwach ist die bosnische Liga im internationalen Vergleich. Zu den bekanntesten Stars zählt Abwehrchef Mirsad Terzic, der viele Jahre für Veszprém spielte und nun für Wisla Plock (Polen) aufläuft, Shooter Nikola Prce, der heute im Kosovo spielt, und Marko Panic, der bei den Weißrussen von Meshkov Brest zu den aktuell erfolgreichsten Werfern der gesamten Champions League zählt. Ebenfalls in Brest ist Kreisläufer Vladimir Vranjes gelandet, der nicht verwandt oder verschwägert mit seinem berühmten Namensvetter Ljubomir ist. D

Durch Quarantäne oder Coronafälle in ihren Klubs mussten aber insgesamt zwölf Bosnier das Spiel in Düsseldorf absagen - darunter Terzic, Panic, Vranjes und der erfahrene Torwart Nebojsa Grahovac. Dabei ist hingegen Ivan Karacic, der Bruder von Igor Karacic, der sich für die kroatische statt der bosnischen Nationalmannschaft entschied. Während Ivan in Israel spielt, ist Igor mittlerweile in Kielce, hatte zuvor mit Vardar Skopje die Champions League gewonnen und wurde im Januar mit Kroatien EM-Zweiter.

Der bekannteste bosnische Klub ist Bosna Sarajewo, der Heimatverein vieler Nationalspieler, in jugoslawischen Zeiten hatte Banja Luka diese Rolle inne und gewann unter Trainer Velimir Petkovic 1991 den IHF-Pokal, den Vorläufer des EHF-Cups. Obwohl der bosnische Verband Gründungsmitglied der multinationalen SEHA-Liga ist, spielt aktuell kein bosnischer Verein dort mit, der letzte Teilnehmer war Ljubuski.

(BP)