„Die entscheidenden Spiele nicht gewonnen“
Es war der ominöse letzte Vorrundenspieltag, jener Sonntag, der Schicksal spielen sollte für die deutsche U17 bei der EURO im slowenischen Celje. Nach einem 22:21-Zittersieg gegen die Niederlande und einem souveränen 34:25 über Portugal steht die DHB-Auswahl bereits als Hauptrundenteilnehmer fest und hat sich das Ticket zur U19-WM in China gesichert.
Aber dann: Erst verliert Deutschland 24:30 gegen Dänemark, im darauffolgenden finalen Vorrundenspiel der Gruppe kommt die aus deutscher Sicht schlechtest mögliche Konstellation durch das 35:34 der Niederlande gegen Portugal zustande - die einzige Variante, mit der Dänemark neben Deutschland in die Hauptrunde einziehen konnte.
Obwohl Gruppensieger, nimmt Deutschland 0:2 Punkte mit, verliert danach beide Hauptrundenpartien gegen die Topmannschaften Frankreich (21:25) und Russland (22:24) knapp - und verpasst das Halbfinale. Das einzige wirklich schlechte Spiel gegen Norwegen in der Platzierungsrunde endet mit einem 20:28 gegen Norwegen. Am Ende schließt die Mannschaft des Trainerduos Maik Nowak/Barbara Hetmanek ihr erstes großes Turnier siegreich ab, und sicherte sich mit dem 32:22 den siebten Platz im Gesamtklassement.
„Sicher haben wir die entscheidenden Spiele nicht gewonnen, aber im Endeffekt war die Niederlage gegen Dänemark der Knackpunkt im Turnier, da haben wir den Faden verloren“, sagte Nowak. Sinnigerweise war es der einzige dänische Sieg bei der EM - der reichte aber, um ins Halbfinale einzuziehen und Vierter hinter Europameister Ungarn, Schweden und Frankreich zu werden. Deutschland gewann drei Spiele und wurde Siebter.
Noch härter erwischte es am Ende die Niederländerinnen, die gegen Deutschland unglücklich verloren hatten und gegen Dänemark einen Sieben-Tore-Vorsprung aus der Hand gegeben hatten - als Silbermedaillengewinner des EYOF-Turniers eine Woche vor dem EM-Start stiegen sie am Ende des Turniers als 15. in die B-Gruppe ab und müssen sich 2021 erst wieder für die U17-EM qualifizieren. „Das alleine zeigt, wie eng es auch schon in dieser Altersklasse mittlerweile in Europa zugeht“, sagt Nowak.
„Der fünfte Platz war möglich. Um ins Halbfinale zu kommen, hätten wir mit dieser neuformierten Mannschaft am Limit spielen müssen, und das haben wir nicht“, meint der Bundestrainer. Er spricht nicht gerne darüber, aber in der Vorbereitungszeit waren aus den unterschiedlichsten Gründen sechs, sieben Leistungsträgerinnen ausgefallen. „Wir hatten vor dem Turnier große Fragezeichen, was unser Abschneiden betrifft. Die Reaktion der Mannschaft bei so einem Turnier war eine große Unbekannte. Mit den beiden Auftaktsiegen waren die Fragezeichen weg, und noch wichtiger: Wir hatten das WM-Ticket in der Tasche und die jungen Damen werden die Erfahrung einer Weltmeisterschaft machen dürfen. Zufrieden sind wir mit unserem Abschneiden jedoch nicht“, sagte Nowak.
Der Nachwuchs-Bundestrainer weiblich lobte die Defensive und die Torwartleistungen, stellt aber auch fest, dass „wir uns in den knappen Spielen durch deutlich zu viele Fehler im Angriff nicht belohnt haben. Gegen Frankreich und Russland hatten wir die Chance zum Sieg und damit das Halbfinale aus der Hand gegeben“. Eine wichtige Erkenntnis Nowaks war aber der Punkt, dass sich die Spielerinnen, die letztendlich die Mannschaft für die EM bildeten, „in den vergangenen Monaten definitiv weiterentwickelt“ haben. „Wir wissen jetzt noch besser, wo wir ansetzen müssen, damit wir bei der WM im kommenden Jahr anders auftreten und den Abstand zur Weltspitze verringern können, und das werden wir“, sagt Nowak, der noch vor der Ort eine erste EM-Analyse mit den Spielerinnen machte.
DHB-Sportvorstand Axel Kromer hatte nach dem erfolgreichen EM-Start Hoffnungen auf mehr als Rang sieben. „Aber da konnte die Mannschaft die nötige Konstanz nicht zeigen, das ist ein Qualitätsmerkmal, das in diesem Alter nicht das alles Entscheidende darstellt. Man muss ja auch bedenken, dass es das erste große Turnier für diese Mannschaft war. Aber zwei Jahre nach dem Titel in dieser Altersklasse ist ein siebter Rang natürlich ernüchternd.“
Für Kromer ist ein Manko, dass im Ligaspielbetrieb des weiblichen Nachwuchses die Wettkampfqualität zu niedrig sei und die Leistungssportfokussierung in Deutschland immer schwieriger wird. „In Kürze werden wir alle Nachwuchstrainer der ersten und zweiten Bundesligen männlich und weiblich einladen, um die Schlüsse aus den Turnieren dieses Sommers zu ziehen. Es muss definitiv Veränderungen in der Nachwuchsförderung geben“, sagt der DHB-Sportvorstand.
Autor: BP