Fleisch/Rieber werden beim Pixum Super Cup offiziell verabschiedet
Fleisch/Rieber werden beim Pixum Super Cup offiziell verabschiedet
Beim Pixum Super Cup am 19. August zwischen Meister THW Kiel und Pokalsieger SG Flensburg-Handewitt stehen Holger Fleisch und Jürgen Rieber zwar nicht mehr „mit der Pfeife auf der Platte“, aber dann wird das Schiedsrichtergespann vom Neckar offiziell vom Deutschen Handballbund und der DKB Handball-Bundesliga verabschiedet - nach 29 gemeinsamen Jahren, davon 19 im DHB-Elitekader, und rund 1150 Partien unter ihrer gemeinsamen Leitung, davon 650 auf DHB-Ebene und 115 internationalen Spielen.
Mit dem Ende der Saison 2014/2015 hatten die beiden offiziell ihre Karriere beendet, das allerletzte Spiel pfiffen sie in der Saisonvorbereitung Ende Juli mit dem Finale beim Esslinger Marktplatzturnier unter freiem Himmel zwischen den Füchsen Berlin und dem HSV Hamburg. Und danach hatten sie 140 Schiedsrichterkollegen zur offiziellen Abschiedsfeier eingeladen.
„Wir gehen ganz ohne Wehmut, wir hören auf der Höhe unserer Leistungsfähigkeit auf und blicken auf viele positive Jahre als Schiedsrichter zurück“, sagt Jürgen Rieber zum Abschied. Wie Holger Fleisch bleibt auch er der Schiedsrichterei erhalten, als Beobachter und Lehrwart, Fleisch wird Delegierter.
Ihre letzte Saison werden beide auch deswegen in besonderer Erinnerung behalten, weil ihre jeweils letzten Partien alles entscheidend und immer in vollen Hallen waren. Letzter internationale Einsatz der beiden war das EURO-Qualifikationsspiel Ungarn gegen Russland in der Veszprém Arena, ihr letzter Höhepunkt das denkwürdige und dramatische Pokalfinale Flensburg gegen Magdeburg im Mai und ihr wirklich allerletztes offizielles Spiel war die Meisterkrönung des THW Kiel am letzten Spieltag mit dem Sieg gegen den TBV Lemgo im Juni. Apropos Kiel: „Kein anderes Gespann hat den THW häufiger gepfiffen als wir. Der Klub führt Statistik, und wir liegen mit 54 Partien an der Spitze“, sagt Rieber.
An der Spitze ihrer Zunft waren Fleisch/Rieber über Jahre in Deutschland. Allein sieben Mal waren sie für das DHB-Pokal-Finalturnier nominiert, pfiffen drei Endspiele in Hamburg. „Die Final4-Turniere waren neben dem Frauen-Champions-League-Finale 2012 unsere absoluten Höhepunkte. Allein diese Atmosphäre und Anspannung in Hamburg waren immer ganz speziell“, blickt Rieber zurück.
Als nun auch die Saisonvorbereitung für die Schiedsrichter anstand, war er als Lehrwart wieder dabei - „aber gottseidank auf der anderen Seite der Uhr beim Shuttle-Run-Fitnesstest“. Das Motto seines Lehrgangs war in diesem Jahr „Mit Lockerheit, aber verbindlich auftreten“ - ein Motto, das Fleisch/Rieber auch in ihrer aktiven Zeit vorlebten. „Wir wollten allen Beteiligten bei jedem Spiel zeigen, dass wir alle Partner, keine Gegner sind. Wir wollten Vermittler auf dem Feld sein und positiven Einfluss auf den Spielfluss nehmen, und nicht mit Zeitstrafen um uns werfen. Und dabei kam es uns immer auf die Gespräche mit den Spielern und auf die Körpersprache an - eben locker, aber verbindlich“, beschreibt Rieber seine Philosophie eines modernen Schiedsrichters.
Und weil sich in Deutschland die Gespanne schon in der dritten oder vierten Liga in vollen Hallen beweisen müssten und dem Druck von außen standhalten müssen, sei man auch international immer vorne dabei. „Selbst in den ersten Ligen in Frankreich oder Spanien wird teilweise vor leeren Rängen gespielt, das gäbe es in Deutschland nicht, deswegen sind unsere Schiedsrichter auch gestählt, Woche für Woche“, sagt Rieber.
Dieses ständige Reisen von Spiel zu Spiel werden Fleisch/Rieber nicht vermissen. „In manchen Jahren hatte ich mehr Übernachtungen mit Holger als Urlaubstage mit meiner Frau“, blickt Jürgen Rieber zurück. Und jene Anreisen zum Spiel bringen ihn auch auf das absolut schlimmste Ereignis ihrer Tätigkeit als Schiedsrichter: „Der Unfalltod unserer guten Freunde Reiner und Bernd Methe war ein riesiger Schock für uns, wir haben uns beide zum Ziel gesetzt, ihr Andenken immer wach zu halten.“
Wenn Jürgen Rieber künftig als Beobachter eingesetzt wird, muss er nicht mehr nach Kiel oder Flensburg reisen, sondern es führt ihn heimatnah nach Göppingen, Balingen oder Mannheim. „Da könnte ich bei Bedarf sogar mit dem Fahrrad hinfahren.“ Gleiches gilt für ihre offizielle Verabschiedung beim Pixum Super Cup. Denn auch Stuttgart ist nur einen Katzensprung entfernt.