100-prozentiger Fokus auf den Asienmeister
Marlene Kalf hatte am Mittwoch gleich zwei Gründe zu feiern - zum einen das 29:18 gegen den Kongo und somit den vierten Sieg im vierten WM-Spiel in Spanien, aber auch ihr 100. Länderspiel. Für die 31-jährige Rechtaußen von den TuSSies aus Metzingen war das eine Mischung aus Besonderem und Normalität: „Es ist natürlich toll, sein 100. Länderspiel gerade bei einer WM zu haben, andererseits war es ein Spiel wie jedes andere. Am meisten freue ich mich über die zwei Punkte - und hoffe, dass wir auch mein 101. Länderspiel gewinnen“, sagte Kalf am Donnerstag beim digitalen Medientermin des DHB.
Rückblickend findet die gebürtige Pfälzerin, die seit 2014 in Metzingen spielt, dass „wir uns insgesamt schwer getan haben, und speziell mit der unorthodoxen Spielweise der Kongolesinnen. Insgesamt bin ich glücklich über zwei Punkte und den erfolgreichen Hauptrundenstart. Wir wissen aber auch alle, dass diese Leistung nicht unseren Ansprüchen entsprochen hat.“
Kalf und ihre Mannschaftskameradinnen sind sich zudem bewusst, dass die nächste Aufgabe deutlich schwerer wird: Am Freitag (15.30 Uhr, live auf sportdeutschland.tv) geht es in Granollers gegen den 15-fachen Asienmeister Südkorea. „Da müssen wir aggressiver in der Abwehr zu Werke gehen und insgesamt konsequenter spielen und eine Schippe drauflegen, denn Südkorea spielt einen sehr schnellen Handball, ganz anders als wir es von europäischen Teams gewohnt sind. Sie sind stark in Eins-gegen-Eins-Situationen und haben eine sehr offensive Deckung. Darauf müssen wir uns einstellen.“
Gemeinsam mit Amelie Berger von Borussia Dortmund teilt sich Kalf bei der WM die Einsatzzeiten bei der WM auf - und das klappt gut, findet die Metzingerin: „Wir sind ein Supergespann, wir wechseln viel - und das ist bei einem so langen Turnier wie einer WM sehr wichtig, damit man die Kräfte verteilen kann. Wenn eine durchspielen würde, wäre das zu kräftezehrend. So haben wir einen sehr guten Mittelweg gefunden.“
Die Verteilung der Spielzeiten auf alle Schultern ist auch für Co-Trainer Alexander Koke ein wichtiger Faktor, warum die deutsche Mannschaft bislang verlustpunktfrei durch die WM; gekommen ist: „Wir konnten gegen den Kongo Meike Schmelzer eine Pause gönnen, auch Xenia Smits wurde in der zweiten Hälfte geschont. Wir haben ein kollektives Selbstvertrauen aufgebaut, das uns auch dazu verhalf, das knappe Spiel gegen Ungarn zu gewinnen. So was sollte uns Auftrieb geben, das jede Spielerin immer für die andere einsteht.“ Und die wichtigste Nachricht, die Koke im Medientermin verkünden konnte: Alle Spielerin sind aktuell fit „und freuen sich sehr auf das Duell mit Südkorea.“
Koke sieht diese Wechsel auch als einen Grund dafür an, dass es gegen den Kongo nicht immer so lief wie gewünscht: „Es gab Konstellationen, wo die Spielerinnen in dieser Formation noch nicht so eingespielt waren, da lief nicht alles optimal, weil es Abstimmungsprobleme gab. Aber wir haben zwei Punkte, haben die Partie dominiert - und haben das Spiel nochmals reflektiert. Was wir gelernt haben ist, dass wir alle den hundertprozentigen Fokus brauchen, weil sonst die Abschlussquote sowie das individuelle Angriffs- und Abwehrverhalten leidet.“
Seit Mittwochabend gilt dieser Fokus den Koreanerinnen, die Koke intensiv analysiert hat: „Das ist eine starke Mannschaft, die einen interessanten Handball spielt. In der Abwehr spielen sie sehr offensiv und bilden eine Art Trichter, um den Gegner in die Mitte zu zwingen. Daher muss es unsere Aufgabe sein, das Spiel breit zu machen. Dazu sind die Koreanerinnen sehr agil und wendig. Daher brauchen wir unseren Angriffen Struktur und Sicherheit.“
Was den koreanischen Angriff betrifft, lobt Koke die individuell sehr stark ausgebildeten Spielerinnen und deren Gabe zu schnellen Tempowechsel im eins-gegen-eins, aber: „Wenn wir so spielen wie in der Vorrunde, wird auch Südkorea Probleme haben uns zu schlagen.“
Die Konstellation in Vorrundengruppe 3 ist klar: Wenn Deutschland auch gegen Südkorea gewinnt, steht man schon vor dem finalen Duell mit Dänemark am Sonntag (20.30 Uhr) im Viertelfinale. Südkorea hat mit 4:2 Zählern aktuell zwei Punkte weniger als Deutschland, gewann das erste Hauptrundenspiel aber souverän 32:26 gegen Tschechien. Während Ungarn (2:4 Punkte) nach der klaren 19:30-Niederlage am Mittwoch gegen Dänemark schon keine Chance mehr aufs Viertelfinale hat, muss Südkorea am Freitagmittag gewinnen, um diese Chance zu wahren. Nur die Gruppensieger und Gruppenzweiten kommen in die K.o.-Phase.
Um die vorentscheidende Bedeutung der Partie macht man sich im deutschen Lager aber keine großen Gedanken: „Wir bereiten uns ordentlich auf die Partie vor, ausblenden kann man das sicher nicht ganz“, meint Marlene Kalf, während Koke seinem Motto treu bleibt: „Wer vorher zu viel rechnet, rechnet am Ende zweimal. Deswegen mache ich mir im Vorfeld über irgendwelche Konstellationen keinen Kopf. Wir wollen den fünften Sieg.“
(BP)