Gaugisch: „Alle geben Vollgas“
Am Montag das erste Training mit der neuen Mannschaft, am Dienstag der erste DHB-Medientermin als neuer Frauen-Bundestrainer, am Mittwoch der 48. Geburtstag als Höhepunkt des Lehrgangstags in Hennef und am Donnerstag gleich das erste Länderspiel in neuer Funktion: Markus Gaugisch erlebt derzeit einiges, aber trotz vorheriger Verhandlungen mit DHB und seinem Verein SG BBM Bietigheim, dem siegreichen Bundesligaspiel in Buxtehude am Samstag und dem Abschluss des DHB-Mastercoach-Lehrgangs am Freitag in Berlin sagt der Schwabe: „Ich fühle mich blendend, alles macht mir viel Spaß, alle geben Vollgas und wir haben eine gute Atmosphäre in der Mannschaft und im Trainerstab.“
Die Eingewöhnungszeit am ersten Lehrgangstag am Montag sei sehr schnell vonstattengegangen: „Keine Spielerin musste sich bei mir vorstellen, ich musste keiner Spielerin sagen, wer ich war. Wir kennen uns alle aus der Liga. Da gab es kein Vorgeplänkel, sondern wir sind sofort gestartet. Ich habe meine Marchrichtung vermittelt, und nach zwei Einheiten haben wir uns alle schon gut aneinander gewöhnt“, sagte Gaugisch im digitalen Medientermin am Dienstag: „Insgesamt habe ich ein funktionierendes Team mit guter Hierarchie vorgefunden.“
Bis zum entscheidenden EM-Qualifikationsspiel gegen Griechenland am Donnerstag im niederländischen Almere (Anwurf: 19,30 Uhr, live auf www.sportdeutschland.tv) hat Gaugisch einige Schwerpunkte für die Trainingseinheiten festgezurrt: „Die Abwehr ist die Basis unseres Spiels. Da erwarte ich, dass der Prozess von der WM 2021 weitergeführt wird. Wir wollen mit einer aktiven Abwehrreihe für mehr Gegenstöße sorgen und so auch die PS auf die Straße bringen, dabei aber nicht sie Struktur verlieren. Das Angriffsspiel ist der letzte Schritt in der Vorbereitung. Da wollen wir unsere stabilen Handlungen verfeinern und am Donnerstag gegen Griechenland erfolgreich auf die Platte bringen.“
Den 36:10-Hinspielsieg der deutschen Mannschaft gegen Griechenland hatte Gaugisch im Oktober vor Ort in Trier gesehen - und angesichts des deutlichen Ergebnisses hat er eine Maßgabe für Donnerstag: „Das Wichtigste ist, dass wir dieses Spiel gewinnen, denn nur dann haben wir das EM-Ticket. Dabei soll der Schwerpunkt auf unserer eigenen Spielweise liegen. Wir müssen uns auf unsere Entwicklung konzentrieren und unsere Absprachen durchziehen, dafür ist das Spiel sehr wichtig.“
Neben Gaugisch bilden der bisherige Co-Trainer Alexander Koke und Torwarttrainerin Clara Woltering den Stab. „Der Vorteil von Alex ist, dass er schon länger beim Team ist. Wir sprechen und diskutieren viel, das ist eine sehr fruchtbare Kommunikation. Und Clara hat bisher schon sehr intensiv mit den Torhüterinnen gearbeitet.“
Verzichten muss Gaugisch gegen Griechenland und im Testspiel gegen die Niederlande am Samstag (16 Uhr, ebenfalls in Almere) auf Kreisläuferin Meike Schmelzer (Reha), Kapitänin Emily Bölk (grippaler Infekt) sowie verletzungsbedingt auf die beiden Rückraumspielerinnen Alica Stolle und Lena Degenhardt. Maren Weigel (TuS Metzingen), Malina Marie Michalczik (HSG Blomberg-Lippe) sowie Torhüterin Sarah Wachter (Sport-Union Neckarsulm) rückten in das Aufgebot.
Gaugisch - der bis Saisonende 2022/23 auch den aktuellen Bundesliga-Tabellenführer SG BBM Bietigheim parallel zur Nationalmannschaft trainieren und bis Schuljahresende 2022 in Baden-Württemberg auch noch als Gymnasiallehrer arbeiten wird - erhielt beim DHB einen Vertrag bis 2024, der sich bei Qualifikation für die Olympischen Spiele automatisch bis April 2026 verlängert.
Über Details zur Suche für einen Nachfolger von Henk Groener berichtete DHB-Sportvorstand Axel Kromer im Medientermin am Dienstag: „Es war ein langer Prozess, unser Gremium hat sich einige Kandidaten - auch internationale - intensiver angeschaut. Die Verpflichtung von Markus Gaugisch ist eine sehr gute Entscheidung, denn er konnte alle mit seinen Kompetenzen als Trainer bei Männern und Frauen überzeugen konnte. Hinzu kommt, dass er sehr kommunikativ ist, was ihm zum Beispiel beim Dialog mit Ligatrainern zugutekommt. Er wird als unser Gesicht für die anstehenden Reformen des Frauenhandballs und den neuen Strukturen vorangehen.“
Dass Gaugisch für ein Jahr auch parallel auch Bundesligatrainer ist, sieht Kromer nicht als Nachteil, im Gegenteil: „Im internationalen Frauenhandball ist es eher die Ausnahme, dass ein Trainer nur Nationaltrainer ist - und langfristig arbeitet Markus Gaugisch ja auch nur als Bundestrainer. Er ist in Bietigheim vertraglich gebunden und steht auch bei den Spielerinnen im Wort. Und man sieht, wieviel Freude ihm die Arbeit bereitet. Als Ligatrainer ist er in den kommenden Monaten viel in den Hallen unterwegs und pflegt einen direkten Kontakt zu den Spielerinnen, den Trainern aber auch dem Umfeld der Vereine. Daneben wird er alle Spielerinnen sehr genau analysieren können, all‘ das hilft seiner Arbeit als Bundestrainer, das ist ein Vorteil. Allerdings gibt es in den nächsten zwölf Monaten nicht mehr viele Dinge außer Handball für ihn.“
Dass nach dem Niederländer Henk Groener und zuvor den Dänen Heine Jensen und Jakob Vestergaard wieder ein deutscher Bundestrainer die Nationalmannschaft trainiert, ist für Kromer keine Entscheidung der Nationalität gewesen: „Das Entscheidende ist die Qualität. Er war im Männerbereich sehr erfolgreich, hat in Bietigheim viel entwickelt, was auch die 45 Siege in Serie aktuell belegen. Markus Gaugisch steht für ein modernes, dynamisches und flexibles Angriffs- und Abwehrspiel.“
Und als ehemaliger Mitspieler von Gaugísch beim VfL Pfullingen und als „Mit-Trainer“ von ihm in den Jugendmannschaften der Spielvereinigung Mössingen - wo beide Söhne in einer Mannschaft spielen - schätzt Kromer auch die „akribische Arbeit“ von Gaugisch: „Er geht sehr komplex an alle Themen heran und ist für alle eine Vorbildfunktion für intensive Entwicklung. Diese Eigenschaften, gepaart mit seiner kommunikativen Art, werden uns helfen.“
(BP)