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„Macher und Vordenker“

01.05.2024

Klaus Zöll, ehemaliger Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB) und erfolgreichster Handball-Trainer in der Geschichte des TV Großwallstadt (TVG), vollendet am Mittwoch, dem 1. Mai 2024, sein 80. Lebensjahr. Mit Klaus Zöll als Trainer wurde der TVG dreimal Deutscher Meister, und zwar in den Jahren 1978 und 1979 und dann noch einmal im Jahre 1981.  

Mit Klaus Zöll als Trainer gewann der TVG darüber hinaus 1979 den Europapokal der Landesmeister im deutsch-deutschen Finale gegen SC Empor Rostock (unter anderem mit Frank-Michael Wahl, Wolfgang Böhme und Hans-Georg Jaunich sowie dem späteren DHB-Trainer Klaus Langhoff als Coach). Das Hinspiel hatte Großwallstadt vor 10.000 Zuschauern in der ausverkauften Münchener Olympiahalle mit 14:10 gewonnen; im Rückspiel gab es (nur) eine 16:18-Niederlage. 

Unter Klaus Zöll als Trainer reiften Großwallstädter Spieler wie Torhüter Manfred Hofmann, Kreisläufer Claus Hormel, der linke Rückraumspieler Manfred Freisler und Linkshänder Kurt Klühspies im rechten Rückraum zur absoluten Weltklasse und wurden 1978 in Dänemark – für viele überraschend – Weltmeister im DHB-Team mit Bundestrainer Vlado Stenzel im Finale mit 20:19 gegen die als unschlagbar geltenden Sowjetrussen. Bei der WM 1978 gehörte Klaus Zöll zum Betreuerstab des DHB.  

Klaus Zöll wurde in Gönnern im Kreis Biedenkopf geboren. Zum Handballsport kam er mit 15 Jahren im Internat, wo er auch die Hochschulreife erwarb. Danach studierte er an der TH (heute TU) Darmstadt die Fächer Sport und Geografie mit dem Abschluss des Ersten Staatsexamens für das Lehramt an Gymnasium, das er im Jahre 1970 ablegte. Es zog ihn aber nicht gleich in den Schuldienst, weil ihm der Deutsche Sportbund (DSB) in Frankfurt eine Anstellung im dortigen BA-L („Bundesausschuss Leistungssport“) als hauptamtlicher Koordinator für die Spielsportarten und den Radsport anbot. Gleichzeitig wurde Klaus Zöll damals persönlicher Referent des leitenden BA-L-Direktors Helmut Meyer. Mit dem Boykott der bundesdeutschen Olympia-Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau wechselte Klaus Zöll für zehn Jahre zur Firma adidas nach Herzogenaurach und wurde anschließend geschäftsführender Gesellschafter der Handball Marketing Gesellschaft in Dortmund. 

Von 1989 bis 1991 war Klaus Zöll ehrenamtlicher Vizepräsident im DHB und begleitete zu dieser Zeit mit seinem Zuständigkeitsbereich für den Leistungssport auch den Vereinigungsprozess mit dem Deutschen Handballverband der DDR, der am 8. Dezember 1990 aufgelöst wurde. Nach dem tragischen Unfall von Joachim Deckarm, der Anfang des Jahres seinen 70. Geburtstag vor großer Kulisse unter anderem bei der EM in Köln feierte, war Klaus Zöll Gründer und ist seitdem Mitglied des Deckarm-Ausschusses, der sich auch um die finanzielle Absicherung des früheren Nationalspielers kümmert. 

Klaus Zöll war selbst ein sehr erfolgreicher Handballer und vielseitiger Sportler: Zunächst für den SV 1946 Crumstadt und dann für den TV Großwallstadt spielte „Leo“, wie er auch von Freunden gerufen wird, noch auf dem Großfeld in der Bundesliga als Spielgestalter und errang 1967 die Deutsche Vize-Meisterschaft. 1968 stieg er mit dem TVG in die Hallenhandball-Bundesliga auf. Mit der TH Darmstadt wurde er als Student Deutscher Hochschulmeister im Handball und stand darüber hinaus sogar noch im Tor bei den Fußballern der TH Darmstadt, mit denen er Deutscher Hochschul-Vizemeister wurde. Als Trainer hatte Kaus Zöll in den 1970er Jahren noch über eine Saison einen Abstecher beim Frauen-Bundesligisten TV Auerbach. 

Wer die aufwändig gestaltete Chronik des TV Großwallstadt 1888 e.V. aus dem Jahre 2013 zur Hand nimmt, findet viele Verweise mit Würdigungen der großen Verdienste von Klaus Zöll. An einer Stelle auf Seite 205 heißt es wörtlich über ihn als eine prägende Führungsfigur des Vereins: „In seiner Person verbindet Zöll die beiden Komponenten, die den Dorfverein an die europäische Spitze bringen – Bodenständigkeit und sportliche Fachkompetenz.“ Auch mit 80 Jahren bleibt Klaus Zöll dem Sport und insbesondere „seinem“ Handballspiel als aufmerksamer Beobachter und geschätzter Berater weiterhin verbunden: „Klaus Zöll ist ein Macher und Vordenker, er war mit seinen klugen Ideen immer einen Schritt voraus im Denken und Handeln. Davon haben wir als Mannschaft stets profitiert. Ich wünsche ihm für das neue Lebensjahrzehnt alles erdenklich Gute“, gratuliert Kurt Klühspies als langjähriger Mannschaftskapitän des TV Großwallstadt seinem „alten“ Trainer Klaus Zöll zum 80. Geburtstag.  

DHB-Präsident Andreas Michelmann schließt Glückwünsche für die Handballfamilie an: „Wir gratulieren Klaus Zöll ganz herzlich zum 80. Geburtstag, wünschen ihm alles Gute und viel Gesundheit. Wir danken ihm für das, was er mit seinem langjährigen und vielfältigen Engagement für den deutschen Handball geleistet hat“. 

Seinen Ehrentag begeht Klaus Zöll im Kreis seiner Familie zusammen mit Ehefrau Kerstin, den fünf Töchtern und acht Enkeln. Dazu hat sich dann noch die Meister-Mannschaft des TV Großwallstadt angesagt, mit der Klaus Zöll als Trainer den größten Erfolg feiern durfte: den Gewinn des Europapokals der Landesmeister in der Saison 1978/79. Dabei wird in fröhlicher Runde bestimmt so mancher Spielzug in Gedanken noch einmal nachgespielt… und in einer „Auszeit“ von Coach Zöll wortreich analysiert! 

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann