Kultur der Achtsamkeit und des Hinsehens
Bescheid wissen. Aufmerksam sein. Genau hingucken. Handeln. Klingt einfach, ist es aber nicht. Selbst, wenn es um Angriffshandlungen oder Abwehraktion auf dem Handballfeld geht. Erst recht nicht, wenn Grenzen im Miteinander überschritten werden. Klartext: wenn es um psychische, physische oder sexualisierte Gewalt geht. Spitzenverbände wie der Deutsche Handballbund müssen seit mehreren Jahren ihre Kompetenz in diesen Feldern ausbauen und Angebote schaffen. „Es ist unser Ziel, das Thema in die Köpfe vieler Menschen zu bekommen“, sagt Mark Schober, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Handballbundes. Weil es um Verantwortung für jeden geht.
Auf der Agenda des Sports und des DHB steht Gewaltprävention daher nicht erst, seit die Aufarbeitung von Vorwürfen gegen einen Handballtrainer in den medialen Fokus rückte. Allerdings bekommt das Thema inzwischen noch mehr Aufmerksamkeit und Priorität im Handeln. Deshalb lud der Deutsche Handballbund seine Landesverbände erstmals zu einem Workshop mit der Überschrift Gewaltprävention nach Dortmund ein, um Wissen zu teilen, Fachkräfte zu vernetzen sowie „Prävention und Intervention interpersoneller Gewalt“ perspektivisch in den eigenen Verbandsstrukturen zu verankern. Über 30 Teilnehmende nahmen das Angebot wahr.
Klingt nach viel Arbeit, und ist auch dazu. Aber der Einsatz ist lohnend. „Sich mit diesem Thema zu beschäftigen“, sagt beispielsweise Stefan Hüdepohl, „ist ein Gewinn.“ Was der Präsident des Handballverbandes Niedersachsen-Bremen damit meint? Menschen in Not kann geholfen werden, und der Handballsport kann seinen Werten gerechter werden.
Geleitet wurde der Workshop von Mandy Owczarzak, als Sportwissenschaftlerin, Organisationsberaterin und Mitarbeiterin des Landessportbundes NRW für das Thema „Prävention und Intervention bei sexualisierter und interpersoneller Gewalt im Sport“. Das Grundmuster besteht aus Analyse, Prävention, Intervention und Aufarbeitung, die in einem permanenten Kreislauf aufeinander folgen.
Leichter Zugang zum Sport kombiniert mit Macht und Hierarchien, dazu eine Leistungsorientierung sowie eine Körperzentriertheit – der Bedarf für Gewaltprävention ist immens. Deshalb arbeitet Owczarzak, um eine „Kultur des Hinsehens“ zu fördern und Verbänden und Vereinen zu gelebten Schutzkonzepten zu verhelfen. Eine Herausforderung bleibt die nur schwer nachweisbare psychische Gewalt. Diese erfordere eine „Kultur des Hinsehens“, sagt Owczarzak.
„Gewaltprävention“, sagt Schober, „ist ein wichtiges Thema im Handball und gesamten Sport. Der DHB, seine Landesverbände und Vereine müssen und wollen uns besser aufstellen. Wir behandeln jeden Fall sehr ernsthaft und haben in den vergangenen Jahren sehr viel gelernt. Erfahrung ist ein entscheidender Schlüssel.“
Was bleibt nach sechs Stunden Workshop und intensivem Austausch? Das Wissen, dass die Verankerung von Gewaltprävention in den jeweiligen Strukturen eine große Aufgabe ist. Mandy Owczarzak ermutigt, sich auf den Weg zu machen und betont „die Wichtigkeit der kleinen Schritte“ auf dem Weg zum Ziel. Fortsetzung folgt.