Junge Schiedsrichter sprechen die Sprache der Spieler
Seit zehn Jahren ist die A-Jugend-Bundesliga männlich nicht nur für die jungen Aktiven ein wichtiger Entwicklungsfaktor. Auch die Unparteiischen profitieren als Teil des Spiels mit den besten deutschen Nachwuchshandballern von dieser Bühne. Sie lernen ein neues Level kennen und bewegen sich auf einem Sprungbrett, das sie in den Profibereich bringen kann.
„Welchen Charakter das Spiel in der A-Jugend-Bundesliga besitzt, spürst du erst, wenn du mittendrin bist.“ Fabian und Tim Foerster haben schnell gemerkt, worin Unterschiede etwa zu Oberliga-Partien im Männerbereich bestehen: „Das Tempo ist enorm hoch – da hält kein Oberligaspiel der Männer mit“, sagen die beiden Brüder aus Gummersbach, die ihre zweite Spielzeit in der JBLH absolvieren. Die anfänglichen Herausforderungen haben sie gemeistert, an die Geschwindigkeit, mit der der Ball durch die Reihen wandert, haben sie sich längst gewöhnt. „Spiele in der A-Jugend-Bundesliga fordern und fördern einen“, sagt Fabian Foerster. Eine Aufgabe: den Mittelweg zwischen dem Zulassen einer gesunden Härte und dem strikten Unterbinden darüber hinaus gehender Aktionen aufzeigen. „Als A-Jugendliche befinden sich die Spieler mitten in einer wichtigen Entwicklungsphase, in denen wir als Schiedsrichter ihnen auch aufzeigen müssen, wo die Grenzen zu setzen sind“, macht Tim Foerster deutlich. Der jüngere der beiden Brüder aus Gummersbach ist 20 Jahre alt, Fabian nur zwei Jahre älter – sie bewegen sich wie so viele ihrer Kollegen aus der JBLH mit den Spielern alterstechnisch fast auf Augenhöhe. „Das ist mit Sicherheit ein Vorteil, denn wir verstehen die Spieler, wissen was sie haben wollen, können gut nachvollziehen, wie sie denken und sprechen gewissermaßen auch ihre Sprache“, machen beide einen Aspekt deutlich, warum der Deutsche Handballbund in diesem Bereich auch auf seine Nachwuchskräfte als Spielleiter setzt. „Der DHB tut wirklich viel für seine Schiedsrichter“, hebt Tim Foerster hervor.
Was genau (und weiteres), das verraten Bernd Ullrich (Beauftragter Schiedsrichter-Nachwuchskader) und Nils Szuka (Leiter Schiedsrichter Organisation im DHB) im Interview
Wie wichtig ist die JBLH Ihrer Meinung nach für die Entwicklung der Schiedsrichter und als mögliches Sprungbrett für die Schiedsrichter?
Nils Szuka: Wir haben sehr früh die Wichtigkeit der JBLH für die Entwicklung des Schiedsrichternachwuchs im DHB erkannt und den Perspektivkader aufgebaut, in dem die jungen Schiedsrichter*innen gebündelt sind, die in der JBLH zum Einsatz kommen. Eine bundesweit aufgestellte Nachwuchsliga, in der die Top-Spieler des nächstens Jahrzehnts spielen, ist ein hervorragendes Entwicklungsfeld für unsere jungen Schiedsrichter*innen. Die Spieler*innen und die Schiedsrichter*innen wachsen hier praktisch gemeinsam auf und gewöhnen sich aneinander. Darüber hinaus haben wir jedes Wochenende Wettkampf auf hohem Niveau, in dem unsere Schiedsrichter*innen eingesetzt werden. Hierüber sind wir sehr glücklich und haben hier im Vergleich zum Ausland hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten, die wir unter Leitung von Bernd und mir auch konsequent nutzen.
In der A-Jugend befinden sich die Spieler in einem Übergangsbereich vom Jugendhandball in den Aktivenbereich. Wie sehen dabei die „Leitplanken" für die Schiedsrichter aus, bezüglich ihres Stil zu pfeifen?
Bernd Ullrich: Grundsätzlich halten wir es ähnlich wir die Bundestrainer oder auch die Vereine: Unsere Lehrwarte geben bei uns eine Linie vor, die wir in allen Kadern gleich anlegen wollen. Unser Ziel ist es, dass der Perspektivkader die gleiche Linie „erlernt“ und anwendet wie beispielsweise die Schiedsrichter*innen des Elitekaders. Die jungen Frauen und Männer sollen von Anfang mit in das System eingebunden sein, damit wir eine hohe Durchlässigkeit erreichen können. Dies dürfte den Spieler*innen aber auch entgegenkommen, denn in den Bereichen Spielgedanke und Progression müssen sie sich also nicht umgewöhnen, wenn natürlich die Schiedsrichter*innen der Profiligen logischerweise weiter sind. Wir legen aber bereits im Perspektivkader viel Wert auf Kommunikation und Persönlichkeit und wollen auch in der JBLH keine reinen „Regelpolizisten“.
Gibt es Feedbacks von Gespannen, die den Sprung zum Beispiel in die Männer-Bundesliga geschafft haben, inwieweit die JBLH sie möglicherweise gut vorbereitet hat?
Nils Szuka: Bernd und ich sind stolz auf die Entwicklung einiger Gespanne, die aus unserem Perspektivkader in den Profibereich hineingewachsen sind, und man kann die Aussage, dass die JBLH und der Perspektivkader diese sehr gut vorbereitet hat, blind unterschreiben. In den letzten Wochen haben Hellbusch / Jansen und Kauth / Kolb ihre ersten Spiele in der LIQUI MOLY HBL absolviert, beide Teams sind durch uns im Perspektivkader entwickelt worden. Solche Entwicklungen nimmt man gerne zur Kenntnis. Christian und David Hannes sind bereits in den ersten Jahren durch die JBLH gegangen, damals noch unter der Leitung von Hagen Becker, und sind nun internationale Schiedsrichter. Im Bundesliga- und Nachwuchskader sind eine ganze Reihe Schiedsrichter*innen, die im Perspektivkader ihre ersten Schritte bei uns im DHB gemacht haben, es werden also weitere Spitzenteams ihren Weg machen.
Wie genau sieht die Unterstützung durch den DHB für die jungen Gespanne aus?
Bernd Ullrich: Der Weg in die JBLH und den Perspektivkader beginnt durch Sichtungen, in deren Rahmen wir von den Landesverbänden gemeldete Teams sichten und die Teams mit Entwicklungschancen in den Kader berufen. Bei den Sichtungen sind immer Nils oder ich und weitere erfahrene Coaches vor Ort und geben den Teams Feedback. Die ausgewählten Teams werden im Perspektivkader umfassend gefördert. Hierzu gehören zentrale Lehrgänge unter Leitung unseres Lehrstabs, Coaching-Maßnahmen und die Nutzung unserer Video- und Online Schulungssysteme. Wir rüsten die jungen Teams auch mit einheitlicher Kleidung aus, der DHB fördert dieses Projekt mit großem finanziellem Engagement. Hier sind wir dem Vorstand und dem Präsidium enorm dankbar. Wir erfahren hier großen Zuspruch. Gleiches gilt für Jutta Ehrmann-Wolf wie auch für ihren Vorgänger Wolfgang Jamelle, für den die Arbeit mit dem Perspektivkader immer eine hohe Priorität hatte.
In welchem Altersspektrum befinden sich die JBLH-Schiedsrichter?
Nils Szuka: Die Schiedsrichter*innen im Perspektivkader sind bei Aufnahme hauptsächlich zwischen 18 und 24 Jahren alt. Da sie dann meist bis zu drei Jahren bei uns sind, sind die ältesten Schiedsrichter/innen bei uns 27, das sind aber die Ausnahmen.
(RW)