Weltmeister auf Spielfeld und Bank
Seine Erfolgsbilanz als Spieler im VfL-Trikot (vorzugsweise mit der Nummer 2) liest sich dann so: sechsmal Deutscher Meister (von 1973 bis 1976 durchgängig sowie 1982 und 1983), viermal DHB-Pokalsieger (1977, 1978, 1982 und 1983), je zweimal Europacupsieger der Landesmeister (1974 und 1983) und Europapokalsieger der Pokalsieger (1978 und 1979), ferner IHF-Pokalsieger (1982) und zweimal Supercupgewinner (1979 und 1983). Angesichts dieser Erfolgsbilanz muss man sich fast fragen: Gab es denn zwischen 1973 und 1983 überhaupt noch irgendeinen Titel im Handball, den der VfL Gummersbach mit Heiner Brand nicht gewonnen hat?
Sein Debüt in der Nationalmannschaft gab Brand im Jahre 1974 gegen Israel; insgesamt 131 Länderspiele mit 231 Toren (hier vorzugsweise mit der Trikotnummer 14) sollten es am Ende werden. Der größte Erfolg stellte sich bei der Weltmeisterschaft 1978 unter Vlado Stenzel in Dänemark ein: Im dramatischen Finale von Kopenhagen am 5. Februar 1978 wurde die übermächtige Mannschaft der Sowjetunion mit 20:19 (11:11) besiegt. Heiner Brand steuerte einen Treffer bei.
„Heiner war unser Dirigent in Angriff und Abwehr. Ich wünsche ihm keine Rückenschmerzen bei unseren nächsten Golfrunden und noch viele Treffen mit der 78er WM-Mannschaft“, sagt der 78er Weltmeister Kurt Klühspies (70). Beide spielten damals zusammen mit Joachim Deckarm (Rückraum links) auf benachbarten Rückraum-Positionen, waren zudem immer Zimmergenossen und pflegen seitdem intensive Kontakte. Beide traf jedoch der Olympia-Boykott Moskau 1980 hart, weil er das frühzeitige Ende ihrer Nationalmannschaftskarrieren bedeutete und das WM-Team auseinanderbrach. Und was Joachim Deckarm betrifft, ist es für Heiner Brand eine Herzensangelegenheit, sich um ihn, der jetzt in Gummersbach wohnt, weiterhin zu kümmern (unter anderem auch im Verwaltungsausschuss des Joachim Deckarm Fonds bei der Deutschen Sporthilfe).
Der studierte Diplom-Kaufmann und selbstständige Versicherungskaufmann Brand blieb dem Handball aber auch nach seiner Karriere als Aktiver weiterhin treu: als Trainer des VfL Gummersbach (Deutscher Meister 1988 und 1991) sowie der SG Wallau-Massenheim (Deutscher Meister 1993, hier auch DHB-Pokalsieger), bevor dann 1997 die Berufung zum DHB-Bundestrainer als Nachfolger von Arno Ehret erfolgte, nachdem Brand schon in den 1980er Jahren unter Simon Schobel Co-Trainer war. Heiner Brand coachte das DHB-Team bis 2011 in insgesamt 399 (!) Spielen – so oft wie kein anderer vor oder nach ihm; selbst ein Werner Vick (1920-2000) brachte es zwischen 1955 und 1972 (nur) auf 192 Spiele.
Seine Erfolgsbilanz als DHB-Bundesstrainer liest sich dann so: Bronze bei der Europameisterschaft 1998, jeweils fünfte Plätze bei der WM 1999 und den Olympischen Spielen 2000 in Sydney, Silber bei der Europameisterschaft 2002, Vizeweltmeister 2003, Europameister 2004, Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen und 2007 mit dem Wintermärchen von Köln als absolute Krönung: Im berauschenden WM-Finale am 4. Februar 2007 siegte sein Team mit 29:24 (17:13) gegen Polen.
„Ich wünsche Heiner einen wunderbaren Geburtstag mit seiner Familie. Der WM-Gewinn war Höhepunkt meiner Karriere und einer 15-jährigen vertrauensvollen Entwicklung, die für mich mit Heiner als Trainer schon 1993 bei der SG Wallau-Massenheim begann und uns bis heute freundschaftlich verbindet“, sagt der 07er-WM-Kapitän Markus Baur (51).
Heiner Brand ist für seine großartigen Leistungen und hohen Verdienste im Handball vielfach ausgezeichnet worden. Wer alle Ehrungen aufzählen will, läuft schnell Gefahr eine wichtige zu vergessen – deswegen hier nur der Beginn seiner Meritenliste: Heiner war bei der Wahl zum Sportler des Jahres zweimal mit der Mannschaft (mit dem VfL Gummersbach und dem DHB-WM-Team) dabei; einmal war er Handballer und siebenmal Handball-Trainer des Jahres. Allein im WM-Jahr 2007 wurden ihm zwölf Ehrungen zuteil, darunter der Titel „Trainer des Jahres des Deutschen Olympischen Sportbundes“, die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande, die Goldene Sportpyramide, die Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports – übrigens als erster von bisher vier Handballern (Joachim Deckarm, Bernhard Kempa und Erhard Wunderlich) und einer Handballerin (Kristina Richter). Als bisher einziger Handballer wurde Heiner Brand ebenfalls im Jahre 2007 als „Legende des Sports“ von der Deutschen Sportpresse ausgezeichnet – eine hohe Ehrung, die er beispielsweise mit Uwe Seeler, Henry Maske und Michael Schumacher teilt.
Die Stadt Gummersbach hat ihrem Heiner Brand schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt: mit der Umbenennung des Vorplatzes der Schwalbe-Arena in Heiner-Brand-Platz in Form einer mannshohen Stele mit dem Konterfei von Heiner in typischer Sprungwurfbewegung. Und die aktuelle Gummersbacher VfL-Mannschaft hat ihm mit dem Wieder-Aufstieg in die Bundesliga bereits ein frühzeitiges Geburtstagsgeschenk gemacht.
Auch mit 70 hält sich Heiner Brand fit beim Golfen, auf Fahrradtouren und durch regelmäßige Fitnesseinheiten. Seinen runden Geburtstag verbringt er ganz privat im Kreis der Familie mit Ehefrau Christel, den Kindern Markus und Julia und den Enkeln unterwegs außerhalb von Gummersbach. Jetzt bereitet sich ganz Handball-Deutschland darauf vor, seiner Handball-Legende Heiner Brand zum 70. zu gratulieren. DHB-Präsident Andreas Michelmann: „Gemeinsam mit der gesamten Handball-Familie wünsche ich Heiner einen schönen Ehrentag und weiter viel Glück und Gesundheit!“
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann