Leistung? Soll sich lohnen. Nachwuchsarbeit? Ist Höchstleistung. Die Konsequenz? Eine Ausbildungskostenentschädigung. Was wie ein Wortungeheuer klingt, ist mit dem am Sonntag vom Bundesrat gefassten Beschluss das Ergebnis jahrelanger Vorarbeit der gesamten Handball-Familie. Zum 1. Januar 2023 tritt eine Richtlinie in Kraft, nach der die Nachwuchsarbeit kleinerer Vereine künftig entschädigt, sprich: entlohnt wird. Damit bleibt den Ausbildungsvereinen nicht nur der Stolz, ein Talent nach oben gebracht zu haben – es kommt auch zusätzliches Geld in die Kasse, um in Zukunft die Ausbildung junger Handballer*innen mitfinanzieren zu können.
Für den Hallenhandball gilt, dass ein abgebender Verein für Spieler*innen im Alter nach Vollendung des 13. Lebensjahres bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres eine Ausbildungskostenentschädigung vom aufnehmenden Verein verlangen kann. Hierfür gelten Kriterien – so muss ein Wechsel leistungsorientiert sein. Fällig werden Ausbildungskosten von bis maximal 1500 Euro pro Saison und Spieler*in. Auch die Zugehörigkeit zu den offiziellen, an den DOSB gemeldeten Kadern des Deutschen Handballbundes geht in die Berechnung ein.
„Wir sind sehr dankbar, dass die Landesverbände und die beiden Ligen sich auf eine Ausbildungskostenentschädigung verständigen konnten“, sagt Mark Schober, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Handballbundes. „Nach einigen gescheiterten Versuchen ist es endlich soweit. In den Vereinen wird mit großem Engagement eine wertvolle Vorarbeit geleistet, die große Karrieren erst ermöglicht. Gute Nachwuchsarbeit wird belohnt werden – als Anerkennung und Motivation, sich auch künftig für den Nachwuchs zu engagieren.“
In der Präambel der Richtlinie heißt es: Alle Vereine die Nachwuchsspieler*innen für den Leistungsbereich ausbilden, sollen wirtschaftlich belohnt werden: Sobald ein ausgebildeter Spieler/ eine ausgebildete Spielerin zu einem anderen Verein aus dem Leistungsbereich wechselt, erhält der abgebende Verein die Ausbildungskostenentschädigung. Amateurvereine unterhalb des Leistungsbereichs sollen dabei geschützt werden und sind ausschließlich anspruchsberechtigt. Sie müssen bei Aufnahme von Nachwuchsspielern bzw. Nachwuchsspielerinnen keine Ausbildungskostenentschädigung an den abgebenden Verein zahlen.
Neben dem sportlichen Anreiz einer gut funktionierenden Nachwuchsausbildung soll zusätzlich durch die Richtlinie ein wirtschaftlicher Anreiz geschaffen werden, um möglichst viele Vereine von der Kreisliga bis zur Bundesliga weiter zu einer guten und engagierten Nachwuchsförderung zu bewegen. Die Dauer der jeweiligen Ausbildungszeit bei einem Verein ist ausschlaggebend für die Höhe der zu zahlenden Ausbildungskostenentschädigung bei einem Wechsel.
„HBL, HBF, DHB und den Landesverbänden ist es gelungen, ein Leistungssystem zu schaffen, dass Nachwuchsarbeit in den Vereinen von der Kreisklasse bis zur Bundesliga finanziell honoriert. Immer dann, wenn ein junger Handballer den nächsten Schritt vom Nachwuchsspieler in den Leistungsbereich macht, greift unsere Ausbildungskostenentschädigung. Wir setzen damit einen weiteren Impuls zugunsten einer professionellen Ausbildung. Die Clubs können sicher sein, dass sich Leistung auch hier lohnt“, sagt Mattes Rogowski, Leiter Sport und Lizenzierungsverfahren der Handball-Bundesliga GmbH.
„Mit dieser Richtlinie haben wir nach langer Vorarbeit eine Grundlage für die Honorierung von Vereinswechsel im Nachwuchsleistungssport geschaffen“, sagt Carsten Korte, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes. „Die Vereine sind nun aufgefordert, zusammenzuarbeiten und kooperativ Lösungen zu finden. Sie können sich auch auf andere Formen der Honorierung einigen. Wir sind gespannt auf die Erfahrungen, die alle Beteiligten mit der Umsetzung dieser Richtlinie in der Praxis sammeln werden.“
Spätestens nach zwei Jahren soll eine detaillierte Überprüfung der Regelungen der Richtlinie zur Ausbildungskostenentschädigung vorgenommen werden. Die durch die Richtlinie formulierten Ziele sollen ebenfalls nach zwei Jahren überprüft werden.
(tok)