Nach Franz Semper war Tim Suton der zweitjüngste Spieler im deutschen WM-Kader. Der Spielmacher des TBV Lemgo rückte in der Hauptrunde für den verletzten Martin Strobel nach. Trotz seiner 22 Jahre hat der im kroatischen Teil von Bosnien geborene Suton schon einiges erlebt: Er war mit 18 Jahren im Trikot der HG Saarlouis Torschützenkönig der 2. Bundesliga und wurde als bester deutscher Nachwuchsspieler mit dem Erhard-Wunderlich-Preis ausgezeichnet, gewann mit den DHB-Nachwuchsmannschaften mehrere Medaillen, wechselte zu den Rhein-Neckar Löwen, nach Lemgo und Nettelstedt, ehe er 2016 wieder nach Lemgo zurückkehrte. Als TBV-Spieler feierte Suton 2016 auch sein Debüt im A-Team und sprang dann auf den WM-Zug auf. Zuletzt lief er beim EHF Euro Qualifikationsspiel gegen Polen in der Startformation auf und übernahm als Mittelmann die Verantwortung. Auch am kommenden Samstag wird er bei dem Rückspiel als Teil des Teams auf dem Feld stehen. In diesem Interview blickt er auf die WM zurück, berichtet aber auch von einem besonderen Besuch mit dem Bundespräsidenten in Kroatien.
Sie sind nach der Verletzung von Martin Strobel ins deutsche WM-Team gerückt. Wie haben Sie das Turnier verarbeitet?
Tim Suton: Das war gar nicht so einfach, das hat ein paar Tage gedauert. Es ging für mich ja alles sehr schnell, im Nachhinein war das eine Riesenerfahrung fürs Leben. Leider war ich ja nur im weniger erfolgreichen Teil der WM auf dem Feld. Aber ich sehe die WM ja auch zusammen mit der ganzen Vorbereitung, die ich mitgemacht habe. Und so war das absolut spannend.
Sehen Sie sich nun als festen Bestandteil der A-Nationalmannschaft?
Tim Suton: Ja, denn ich gehöre vielleicht nicht zu den gesetzten Spielern, aber zu dem großen Pool von rund 25 Spielern, die den erweiterten Kader bilden und im Blickfeld von Christian Prokop sind. Ich bin unter Beobachtung des Bundestrainers und kann mich jede Woche in der Bundesliga beweisen und habe die Chance, so weiterhin in diesem Pool dabei zu sein. Das ist erstmal eine große Wertschätzung.
Zwei Monate vor der WM hatten Sie sich einer Operation unterziehen müssen. War die Heim-Weltmeisterschaft für Sie da gefährdet?
Tim Suton: Das war jetzt kein so großer Eingriff, aber er musste eben sein. Ich hatte immer die Hoffnung und war immer optimistisch, wieder rechtzeitig fit zu werden, und am Ende ging es ja sogar schneller als gedacht, bis ich wieder auf dem Feld stand.
Wie bewerten Sie Ihren Übergang aus dem Nachwuchs in die A-Nationalmannschaft, Sie waren ja schon sehr früh im früheren B-Team und seither immer im Blickfeld?
Tim Suton: Als ich zur B-Nationalmannschaft eingeladen wurde, war ich noch Jugend-Nationalspieler. Ich habe dann bis zur Junioren-EM 2016 in Dänemark, wo wir Silber gewannen, in den Nachwuchsteams gespielt und stand dann auch im A-Kader. Dann ging es etwas langsamer voran, nicht mehr so fließend, wie ich mir das erhofft hatte. Es dauerte dann ja wieder bis zur Japan-Reise im Sommer 2018, bis ich wieder zur Nationalmannschaft stieß, aber seitdem bin ich dabei.
Sehen Sie Ihre Rolle im Nationalteam eher als Spielmacher oder auch als Shooter?
Tim Suton: Im Verein in Lemgo spiele ich wahlweise im mittleren oder im linken Rückraum, im Nationalteam sieht mich der Bundestrainer eher auf der Mitte. Das Spiel zu lesen und Spielzüge anzusagen, ist das eine, aber ich gehe eben gerne in Zweikämpfe und versuche so, Räume für meine Mitspieler zu schaffen, und dabei auch Torgefahr auszustrahlen. Ich denke, ich kann beides.
Rückblickend kann wohl mit Fug‘ und Recht behaupten, dass der Wechsel nach Lemgo Ihrer noch jungen Karriere einen echten Schub verschafft hat. Sind Sie rundum zufrieden?
Tim Suton: Auf jeden Fall, das war aber schon der Fall, als ich 2015 zum ersten Mal in Lemgo spielte. Ich fühle mich hier sehr wohl und erhalte das Vertrauen des Trainers.
Werden daher aus Lemgo viele Bekannte und Fans ins nahe gelegene Halle kommen, um Sie zu unterstützen?
Tim Suton: Ich denke schon, dass viele TBV-Fans und andere Leute, die mich kennen, in der Halle sein werden.
Nächstes Ziel mit dem Nationalteam ist die Qualifikation zur EHF EURO 2020.
Tim Suton: Ja, und da wollen wir schnell einen Haken dahinter machen. Wir dürfen die Polen heute aber nicht unterschätzen, denn sie sind ein starker und unangenehmer Gegner.
Gehen wir davon aus, dass die deutsche Mannschaft bei der EM wieder dabei ist. Zählt man in Norwegen, Schweden und Österreich als WM-Vierter automatisch zum Favoritenkreis?
Tim Suton: Erstmal wollen wir uns qualifizieren, dann müssen wir sehen, gegen wen wir spielen, und dann legen wir als Mannschaft in der Vorbereitung die Ziele fest. Also kann man da jetzt noch gar nichts zu sagen. Und die vergangenen Turniere haben gezeigt, dass der Favoritenkreis sehr groß geworden ist.
Vor drei Wochen hatten Sie eine besondere Aufgabe, als Sie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem Staatsbesuch nach Kroatien begleitet haben. Wie kam es dazu?
Tim Suton: Das Bundespräsidialamt hatte vier Leute mit deutschem Pass und kroatischen Wurzeln eingeladen, die Steinmeier nach Zagreb und Split begleitet haben. Es waren zwei Schriftsteller, ein Schauspieler und ich als Handballer dabei. Wir haben uns untereinander toll verstanden, das war ein tolles Erlebnis für alle. Vielleicht fiel die Wahl auf mich, weil der Bundespräsident auch bei zwei Spielen der Handball-WM war.
Wie haben Sie Frank-Walter Steinmeier aus der Nähe erlebt?
Tim Suton: Es waren hochinteressante Einblicke, mal den Stab des Bundespräsidenten, aber auch ihn persönlich und seine Frau kennenzulernen. Herr Steinmeier und seine Frau sind sehr offene, nette und sympathische Menschen, das war sehr angenehm.
Quelle: BP