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Mehr Mitglieder, mehr Kinder: Handball hofft auf WM-Boom

21.01.2019

Kürzlich hat Stefan Kretzschmar der Außendarstellung seiner Sportart ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. "Wir sind nicht hip", hatte der ehemalige Handball-Nationalspieler im Gespräch mit der FAZ bemängelt. Basketball sei "wesentlich hipper, jugendlicher, jünger als wir."

Das will Mark Schober, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Handballbundes (DHB), so nicht stehen lassen. Der 46-Jährige hat sich das Thema Nachhaltigkeit und Attraktivität auf die Fahnen geschrieben, und die WM in Deutschland und Dänemark dient ihm als willkommene Leuchtturmveranstaltung. "Ich gebe gerne zu, dass uns dieses Turnier bei unserer Arbeit sehr in die Karten spielt", sagte Schober.

Um Nachhaltigkeit zu schaffen, um die Kids vom Waiveboard in die Sporthallen zu holen, um Trainer besser auszubilden, um endlich auch die bisher eher zurückhaltenden Migrantenkinder an den Handball heranzuführen, arbeiten Schober und sein Team seit vier Jahren nach einem strategisch ausgerichteten Plan: "Wir haben exakte Ziele formuliert, die mit entsprechenden Maßnahmen hinterlegt sind."

"Handball ist echt"

Im Unterschied zu 2007, als der WM-Titel vielleicht ein bisschen zu schnell verpuffte, beschäftigt man sich im mitgliederstärksten Dachverband der Welt mittlerweile "wirklich dauerhaft" (Schober) damit, wie der Handball besser und attraktiver werden kann. "Wir wollen vor allem Eltern die Werte unseres Sports vermitteln", sagt Schober: "Handballer sind bodenständig, nahbar, sie sind authentische Teamplayer. Handball ist echt."

Seine Kernaussage "Wir machen stark" will der DHB noch mehr als bisher mit Inhalt füllen. "Gute Trainer, gute Kids", sagt Schober: "Trainer-Ausbildung ist einer unserer Schwerpunkte." Zudem gelte es, die Hallen-Situation in Deutschland zu verbessern, den Handball in die Schulen zu bringen sowie Vereine und Landesverbände in ihrer Arbeit zu unterstützen. "Ich würde zum Beispiel im Sog dieser WM jedem Verein schnelle Gespräche mit Sponsoren empfehlen", sagt Schober.

Ihm ist es zudem ein wichtiges Anliegen, darauf hinzuweisen, dass auch die WM 2007 durchaus effizient war. "Danach haben wir den besten TV-Vertrag für die Bundesliga abgeschlossen, und die Umsätze im Sponsoring sind deutlich nach oben gegangen", sagt er: "Vielleicht hätten wir ja auch ohne den WM-Titel 2007 heute keine 750.000, sondern nur 650.000 Mitglieder." Vor zwölf Jahren waren die Strukturen beim DHB allerdings noch nicht so professionell wie heute, deshalb soll aus der WM 2019 so richtig Kapital geschlagen werden.

Beeindruckende TV-Quoten bei der WM

Ein ganz wesentlicher Baustein in Schobers Planungen ist das Fernsehen. Die Tatsache, dass die Öffentlich-Rechtlichen bis 2025 alle Großveranstaltungen übertragen, erleichtert dem DHB die Arbeit ungemein. "Bei allen Gesprächen, die wir führen, können wir auf ARD und ZDF verweisen, das ist ein richtiges Pfund", sagt Schober. Die Quoten bei der WM sind beeindruckend, die Partie gegen Weltmeister Frankreich brachte es im Schnitt auf 8,53 Millionen Zuschauer in der Prime Time. Zum Vergleich: Bei den Fußballern von Bayern München und 1899 Hoffenheim sahen am Freitagabend 6,7 Millionen Menschen zu.

Beim DHB sind bereits die nächsten Schritte in Planung. "Am liebsten würde ich sofort Unis, Schulen, Kindergärten mit Tausenden von Bällen versorgen", sagt Schober, der aber vor allem eine Gruppe im Visier hat. Bei den jugendlichen Migranten, die sich dem Handball bisher eher zögerlich annähern, "liegt ein großes Potenzial, das wir dringend nutzen müssen. Ansonsten beschäftigen wir uns perspektivisch mit einer zu kleinen Zielgruppe."

Quelle: SID